Auf der Burg wachsen Kräuter mit Lakritz- und Cola-Aroma

Kräuterhexe Gabriele Wittich (Mitte) führte eine kleine Gruppe durch die üppig sprießenden Kräutergärten auf Burg Eppstein.Foto: Helga Mischker

Kräuterhexe Gabriele Wittich (Mitte) führte eine kleine Gruppe durch die üppig sprießenden Kräutergärten auf Burg Eppstein.Foto: Helga Mischker

Mit großem spitzem Filzhut auf dem Kopf und in mittelalterlicher Tracht schien sie einem Märchenbuch entsprungen zu sein: Gabriele Wittich, stadtbekannt als Kräuterhexe mit breitem Wissen über die Heilkraft und die Verarbeitung von Kräutern.

Am Burgtor nahm sie jetzt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Kräuterführung in Empfang, direkt neben einem üppigen Feld der schmackhaften Zitronenmelisse, das in der Mittagssonne prächtig gedeiht und sich nicht mehr so einfach vertreiben lässt. „Die Pflanzen machen, was sie wollen“, sagte die erfahrene Gärtnerin, „manche setzen sich durch, manche verschwinden einfach“.

Dass Kräuter eine positive Wirkung auf Körper und Seele haben können, davon musste sie ihre Zuhörer nicht erst überzeugen. Einige von ihnen machten sich auf dem Smartphone eifrig Notizen. „Kräuter haben nicht nur eine Wirkung“, berichtete sie weiter, „deshalb wollen wir uns konzentrieren auf ein bis zwei Anwendungsgebiete“.

Dass man sich vor einigen Pflanzen besser hüten sollte, dafür bot schon am Burgtor der leicht giftige Kalberkropf – auch „Taumel Kalberkropf“ genannt – ein Beispiel. Er sei am bläulichen Stiel erkennbar. „Bei Pflanzen mit weißen Doldenblüten, die in der Natur zahlreich vorkommen, ist Vorsicht geboten“, warnte sie. Lediglich die „Wilde Möhre“ sei am schwarzen Punkt in der Blüte leicht zu erkennen.

Im Palas machte sie auf das gelb blühende Schöllkraut aufmerksam, das wild am Mauerwerk gedeiht. Es sei gut für die Augen, dessen orangefarbener Saft im Stiel helfe außerdem, Warzen zu bekämpfen.

Die Führung durch den Altangarten war ein Heimspiel für Wittich, die ihn in ihrer aktiven Zeit als Bedienstete der Stadt selbst anlegte. „Heilkräuter und Schnittpflanzen haben sich inzwischen vermischt“, stellte sie fest.

Die ätherische Öle enthaltende Süßdolde schmecke nach Lakritz. Sie wirke appetitanregend und verdauungsfördernd, ebenso die Raute mit Namen Ruta graveolens. Die Raute ist nicht zu verwechseln mit der Eberraute aus der Familie der Korbblütler. Die Eberraute enthalte – wie die Süßdolde – ätherische Öle und dufte intensiv nach Cola, werde deshalb auch Cola-Kraut genannt. Als Tee oder Gewürz wirke es entblähend. Wer allerdings einen empfindlichen Magen habe, dem sei von Kräutern, die ätherische Öle enthalten, abzuraten.

Zur Stärkung der Nervenkraft halte die Natur eine ganze Reihe von pflanzlichen Wirkstoffen parat. Auch der Baldrian, bekannt für seine schlaffördernde Wirkung, wächst im Altangarten. Aus seinen Blüten und Wurzeln können Tees hergestellt werden. Ebenso fördert der „Frauenmantel“ die Entspannung. Wissenschaftlich nachgewiesen ist seine Wirkung bei Magen-Darm-Problemen. „Die Blüten des Frauenmantels schmecken richtig lecker“, so Wittich. Ein Kräutertee könne helfen, Beschwerden zu lindern. Dazu werden die Kräuter getrocknet bis sie bei Berührung knistern. Wittich nutzt dazu einen Dörrautomat. Die trockenen Blätter und Blüten sollten dann in Gläser abgefüllt und ins Dunkle gestellt werden. Ob bei Nervenleiden oder Verdauungsproblemen – man nehme das Basiskraut für den jeweiligen Tee. Wichtig sei die richtige Dosierung. Wermut beispielsweise schmecke bitter, auch Salbei sei bekannt für sein starkes, würziges Aroma. „Obendrauf“ komme für den besseren Geschmack Pfefferminz oder Zitronenmelisse. Ein Tee müsse schmecken, denn nur dann entfalte er seine Wirkung. „Manchmal ist weniger mehr“, mahnte die Kräuterhexe.

Wieder andere Kräuter haben eine schmerzstillende Wirkung: Mädesüß zum Beispiel nutzten schon die Wikinger. Das Kraut enthält Salicylsäure, die im Körper in Acetylsalicylsäure umgewandelt wird. Das ist derselbe Wirkstoff, der chemisch hergestellt, in Aspirin enthalten ist. Dazu empfiehlt Wittich die Herstellung einer Tinktur, für die hochprozentiger Alkohol erforderlich ist. Auch das entzündungshemmende Beinwell eigne sich für eine Tinktur, dessen Wurzelextrakte übrigens in der bekannten Kytta-Salbe zu finden seien.

Manche Kräuter wiederum machten sich gut im Essen und verbesserten den Geschmack. Wittich rät dazu, Liebstöckl – auch Maggi-Kraut genannt – frisch einzufrieren und nach Bedarf in die Suppe zu geben. Liebstöckl, der Name lässt es erahnen, habe gerade bei Männern aphrodisierende Wirkung.

„Auch Gänseblümchen kann man essen“, versicherte die Kräuterhexe im Baumgarten, wo sie die Führung beendete, „sie sind gut für die Leber“. Ganz nebenbei zeigen die Blüten auch noch das Wetter an: Bleiben sie am Morgen geschlossen, könnte Regen im Anmarsch sein...mi

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