Seit September ist sie im Amt und trägt Fakten und Informationen für das neue Klimaschutzkonzept zusammen. Vorbereitet hat sie sich darauf mit ihrem Studium für Ressourcenmanagement in Pforzheim und als Referentin für Nachhaltigkeit an der Hochschule für Darstellende Kunst und Musik in Frankfurt. Auf ihrem Schreibtisch stapeln sich längst Mappen und Unterlagen. An der Pinnwand hängen inzwischen etliche Zettel mit Terminen und Hinweisen. Die meisten Informationen fürs neue Klimaschutzkonzept erhält sie jedoch aus dem Internet, vor allem die Daten und Fakten zum Energieverbrauch der Eppsteiner.
Sie benötigt sie als Grundlage, um den CO2-Fußabdruck der Stadt zu berechnen. So habe sie bereits sämtliche Daten über Strom-, Gas- oder Ölverbrauch in den insgesamt 49 Liegenschaften der Stadt gesammelt – Rathäuser, Hallen, Sportanlagen, Unterkünfte, Wohnhäuser mit Mietwohnungen. Doch das sind noch nicht einmal ein Prozent der über 5600 Liegenschaften in Eppstein. In den nächsten Wochen will sie die Zahlen für alle zusammenfassen.
Die Daten werden anonymisiert vom Energie-Grundversorger oder der Landesinnung der Schornsteinfeger als Gesamtverbrauch einer Stadt übermittelt – in Eppstein alle Daten, die unter der Postleitzahl 65817 erfasst sind – und geben einen allgemeinen Überblick.
Auch über gesetzlich geförderte Photovoltaik-, Balkon-Anlagen oder Wärmepumpen gebe es öffentlich zugängliche, allgemeine Daten, die Rückschlüsse auf den CO2-Fußabdruck zulassen. Es gebe klare Richtlinien und einen Praxisleitfaden, der ihr dabei helfe, die Daten für Eppstein zusammenzustellen, sagt die Klimaschutzmanagerin. „Ich überprüfe keine einzelne Heizung oder Abrechnung“, betont Schomburg. Befürchtungen, sie sei zur Überwachung der Bürger eingestellt worden, habe sie schon zu Hause in Ehlhalten gehört. „Da entstehen leider sehr schnell Gerüchte“, sagt die 32-Jährige und fügt hinzu: „ich bin nicht der Klima-Aufpasser und ich weise keine Schuld zu!“.
Andere Daten zum Öffentlichen Nahverkehr oder zum Individualverkehr, zu Flächennutzung und -versiegelung erhalte sie aus Statistiken und Kartenmaterial. Aus allen Daten zusammengenommen berechnet sie den CO2-Fußabdruck für Eppstein.
Der wiederum ist Grundlage für Maßnahmen im geplanten Klimaschutzkonzept. Im nächsten Schritt seien deshalb Workshops mit Bürgerinnen und Bürgern geplant, um gemeinsame Ideen für den Klimaschutzfahrplan und einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, wie die Klimaneutralität erreicht werden kann. Denn das Konzept soll mit den Menschen für die Menschen umgesetzt werden. „Sonst funktioniert es nicht“, sagt Schomburg.
Im Laufe des Sommers will sie Vorschläge und Ideen sammeln und Prioritäten für die nächsten 15 Jahre aufstellen. Hilfe erhält sie dabei von der Energy Effizienz GmbH, einem Unternehmen aus Lampertheim, das Kommunen, aber auch Privatpersonen bei Klimaschutzprojekten berät.
Bis Ende des Jahres soll das Klimaschutzkonzept stehen. Danach geht es an die Umsetzung: Erste Maßnahmen sollen im nächsten Jahr beantragt werden. „Das können private Maßnahmen sein oder Maßnahmen im öffentlichen Raum“, sagt Schomburg und nennt als Beispiel das gemeinsam von Bürgerschaft und Stadt Frankfurt entwickelte Projekt „green it up“ in Bockenheim zur Begrünung von asphaltierten öffentlichen Plätzen in der Großstadt.
Für konkrete Ideen für Eppstein sei es noch zu früh, aber sie sieht schon jetzt viele Möglichkeiten – sowohl für private Maßnahmen als auch im öffentlichen Raum. Einzelbeispiele will sie bewusst nicht nennen, aber allein in der Tatsache, dass etliche Wohnhäuser in Eppstein aus den 1960er bis 80er Jahren stammen oder noch älter sind, zeige sich schon das Potenzial für Energiesparmaßnahmen.
Die gesammelten Daten zu Energieverbrauch und Verkehr pflegt Schomburg in eine Bilanzierungssoftware ein, die die Auswirkungen des Treibhauseffekts ausrechnet – den sogenannten CO2-Fußabdruck. Im Mai will sie die Ergebnisse im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt vorstellen. Sie geht davon aus: „Das Ergebnis wird drastisch und zeigt die gesamte Umweltproblematik auf.“ Sie ist allerdings auch davon überzeugt, dass eine solche „Realitätsklatsche“, wie sie es nennt, notwendig ist, wenn man eine Veränderung im Verhalten bewirken will. Wichtig ist ihr, zu verdeutlichen, dass sie keine Einzelbeispiele sammelt, sondern eine Gesamterhebung macht, dass aber jeder einzelne etwas beitragen könne, die Treibhausgase zu reduzieren.
„Die Menschen sollen sich nicht als Opfer der Weltpolitik sehen, sondern erfahren, wie sie selbst zu Akteuren werden“, sagt sie und sei es nur, dass sie versiegelte Grundstücksflächen öffnen oder Schottergärten wieder begrünen. Das trage dazu bei, die Temperaturen in heißen Sommern zu senken und die Versickerung des Regenwassers zu fördern.
Warum erneuerbare Energien und energetische Sanierung so wichtig sind, fasst sie in einem einfachen Beispiel zusammen, dass sie in der populärwissenschaftlichen Sendung „Lesch’s Kosmos“ gesehen hat: „Wenn ein rohes Ei gekocht wurde, lässt sich dieser Prozess nie wieder umkehren – und es wird nie wieder fruchtbar sein“. Deshalb sei das 1,5 Grad Klima-Ziel kein politisches Ziel, „sondern eines, das uns der Planet vorgibt“.
Parallel zum Klimaschutzkonzept muss die Stadt bis Juni 2028 außerdem ihre kommunale Wärmeplanung fertigstellen. Auch dazu ist Bürgerbeteiligung vorgeschrieben. Zur Zeit gebe es viele Förderprogramme für fast alle Sanierungsmaßnahmen an Privathäusern. Dabei gehe es zwar vorrangig um Energieeinsparung und eine bessere Ökobilanz, aber auch um den Erhalt des Immobilienwerts, betont sie.
Sie selbst wohnt mit ihrem Mann in einem gut 30 Jahre alten Haus im Ortskern von Ehlhalten und weiß, was alles gemacht werden muss, um das Gebäude energetisch zu sanieren: „Wir sind keine Top-Verdiener, wollen aber trotzdem mit gutem Beispiel vorangehen und nach und nach das Gebäude dämmen und die Heizung modernisieren“, sagt sie. So werde sie sich privat ganz konkret mit dem Thema Wärmepumpe beschäftigen. Im Solarkataster der Landesenergie Agentur Hessen hat sie außerdem das Potenzial ihres Hausdachs für Photovoltaik überprüft. Aber auch ohne das Kataster wisse sie schon: „Das liegt nicht optimal, denn es wird vom Nachbarhaus verschattet.“
Seit einem Jahr hat die 32-Jährige zusammen mit Freunden eine kleine Schafherde: sieben Tiere, die sie vor dem Schlachten gerettet hat. Im Sommer lässt sie sie auf Wiesen rund um Ehlhalten weiden. „Die Tiere sind die idealen Landschaftspfleger und halten das Gras kurz. Außerdem haben wir nach einer Aufgabe in der Natur gesucht“, räumt sie ein. Zu Hause warten auf sie neben Ehemann Max vier Katzen, darunter drei Straßenkatzen, die sie ebenfalls gerettet hat. Ihre zwei Landschildkröten, die im Sommer den Vorgarten bevölkern, seien in Ehlhalten schon bekannt. „Sie fressen nahezu alle Kräuter, deshalb darf bei uns alles wachsen“, sagt sie. Ihr Pferd Karl-Otto steht auf dem Quellenhof außerhalb von Ehlhalten und wird gerade ausgebildet.bpa
Kommentare