Erste Stadträtin Sabine Bergold ging auf die Konsolidierungsempfehlungen des Landesrechnungshofes ein, die bei einer Bürgerversammlung im Juli vorgestellt wurden, und stellte zusammen mit Bürgermeister Alexander Simon die Vorschläge vor, die Bürger in den vergangenen Monaten im Beteiligungsportal „Finanzen mitgestalten“ auf der Internetseite der Stadt gemacht haben, nachzulesen unter eppstein.de.
Die Ideen reichten von Aktionstagen auf Spielplätzen, um den Bauhof zu entlasten, die Einführung von Parkgebühren am Bahnhof, Tourismusförderung, dem Verkauf historischer Gebäude wie den Neufville-Turm oder landwirtschaftlicher Flächen, bis hin zur Neugestaltung der Sparkassenakademie, die an diesem Abend allerdings nicht diskutiert wurde.
Ganz konkret lautete ein Vorschlag, den Spielplatz Auf der Lück in Vockenhausen umzuwidmen, da er ohnehin kaum von Kindern genutzt werde, und das Grundstück stattdessen als Baugrundstück zu verkaufen. Wie alle anderen Vorschläge wurde die Idee mit Vor- und Nachteilen abgewogen. So könnte das Grundstück in bester Wohnlage über 300 000 Euro einbringen, allerdings habe es bei einem früheren Vorstoß in diese Richtung massive Kritik seitens der Anwohner gegeben. Außerdem könne das Projekt frühestens in eineinhalb Jahren umgesetzt werden.
Auch beim Erheben von Parkgebühren müsse die Stadt genau abwägen, ob die Einnahmen den Verwaltungsaufwand decken und mögliche Nachteile prüfen, etwa für die im Bahnhofsgebäude ansässige Gastronomie oder die Verdrängung des Verkehrs auf andere kostenfreie Parkplätze in der Altstadt.
Ausgiebig diskutiert wurde der Vorschlag, die Zahl der Feuerwehrfahrzeuge zu verringern und von den fünf Feuerwehren einige zusammenzulegen. Das Einsparpotenzial bei Abschaffung von Feuerwehrhäusern konnten Simon und Bergold nicht beziffern. Pro Fahrzeug wären dies einmalig rund 200 000 Euro plus Wartungskosten. So koste allein die Inspektion für das Drehleiterfahrzeug dieses Jahr 100 000 Euro – und die seien nicht verhandelbar, so Simon. Er gab zu bedenken: Die fünf Eppsteiner Feuerwehren seien längst zu einer Feuerwehr zusammengewachsen, jede Stadtteilwehr habe sich spezialisiert auf bestimmte Aufgaben.
Andrea Sehr wies den Vorwurf eines Bürgers zurück, vor dem Neubau des Feuerwehrgebäudes Vockenhausen sei „nix analysiert“ worden: „Der Standort wurde unter anderem deshalb gewählt, damit bei einer möglichen Zusammenlegung die gesetzliche Hilfsfrist gewahrt wird!“. Simon ergänzte: „Eine spannende Diskussion, aber nicht sofort.“ Denn Eppstein habe eine der stärksten Feuerwehren im gesamten Main-Taunus-Kreis. Deshalb gebe es aktuell eher die Überlegung, im Feuerwehrgerätehaus Eppstein endlich Umkleidekabinen für die weiblichen Aktiven auszubauen.
Eine Besucherin forderte die Feuerwehrkritiker auf: „Schauen Sie sich mal bei den Feuerwehren an, was da geleistet wird,“ Ein anderer wies darauf hin, dass jeder die Feuerwehr und die Stadt finanziell unterstützen könne, der aktiv oder passiv eintrete.
Ähnlich emotional werde die Diskussion geführt, ob die Stadt sich weiterhin fünf Friedhöfe leisten könne, sagte Bergold. Aktuell steht eine Gebührenerhöhung an – die auch auf die Analyse des Landesrechnungshofes zurückgeht. Simon und Bergold wiesen darauf hin, dass Einsparungen bei den Friedhöfen erst in etlichen Jahren erzielt werden könnten. Außerdem wäre dies nur umzusetzen, wenn auch der politische Wille dafür da wäre.
In diese Grundsatzfrage, wie viele Mehrfachstrukturen Eppstein brauche, sollten, so ein Vorschlag, auch Bürgerhaus, Dattenbachhalle und Vereinssaal einbezogen werden: „Brauchen wir diese Hallen – oder eher nicht“, fragte ein Bürger. Von einer Schließung, gab Simon zu bedenken, wären etliche Vereine betroffen.
Stellenabbau und Digitalisierung waren weitere Themen. Bergold machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass etwa 50 Prozent der Personalkosten bei der Kinderbetreuung entstünden und, dass bei den Personalkosten 2026 insgesamt knapp 1 Million Euro für tarifliche Gehaltserhöhungen hinzukommen. Würde die Stadt kostendeckende Gebühren für die Kita-Betreuung verlangen, müssten Eltern, die derzeit 165 Euro für einen Ganztagsplatz zahlen künftig mit 1100 Euro pro Monat rechnen. „Welche Eltern sollen das bezahlen?“, fragte Bergold und wies auf eine drohende gesellschaftliche Spaltung hin, wenn sich nur noch wohlhabende Familien einen Kita-Platz leisten können. Gleichzeitig steigen Energiekosten und Umlagen an Kreis und Land. „Das ist ein Teufelskreis“, sagte Bergold, „die externen Faktoren sind immer höher, als das, was wir einsparen können“.
Stadt braucht neue Gewerbegebiete
Im Vergleich zu anderen Kommunen sei das Gewerbesteueraufkommen nur halb so hoch, dafür die Grundsteuereinnahmen doppelt so hoch, stellte ein Bürger fest und wollte wissen, wie es in Eppstein zu einem solchen Ungleichgewicht komme. „Wir brauchen neue Gewerbegebiete“, lautete Simons einfache Antwort. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die geplante Verlegung der Gleichstromleitung Rhein-Main-Link vermutlich die Pläne für ein neues Gewerbegebiet am Bauwald bei Bremthal zunichte mache. Dafür gehe die Entwicklung eines gemeinsamen Windenergieparks mit Niedernhausen und Idstein gut voran.
Um Personal und Verwaltungskosten zu sparen, müssten Aufgaben mehrerer Kommunen zentralisiert werden, lautete ein Vorschlag, Aufgaben in kommunale Eigenbetriebe auszulagern, ein anderer.
Die Gretchenfrage, wie hoch die Grundsteuer B im kommenden Jahr ausfalle, konnte die Kämmerin nicht beantworten: „Mein Vorschlag lautet wie für dieses Jahr 1450 Prozent, damit die Verschuldung nicht weiter steigt.“ Ob die Grundsteuer nächstes Jahr tatsächlich erhöht wird, entscheide die Stadtverordnetenversammlung.
Den Schuldenstand der Stadt führten einige besorgt an: „Ich sehe keinen politischen Vorschlag, wie die vielen Millionen abgezahlt werden“, sagte ein Eppsteiner, „Es gibt keine Zielvorgabe, bis wann wir welche Investition abgetragen haben“, ein anderer. Es fehle strategisches Denken, lautete ein weiterer Vorwurf. Jeder Vorschlag werde mit einem „Ja – aber“ diskutiert und dann doch nichts neu gedacht“, fasste ein Eppsteiner nach der Versammlung zusammen. Mit der Erhöhung der Grundsteuer würden die strukturellen Probleme nicht gelöst, sondern nur ins nächste Jahr verschoben.
Dem stimmte Bergold zu. Die Nachhaltigkeitsdebatte müsste längst geführt werden. Dies sei nicht erfolgt, „weil die vergangenen Jahre zu viele Überraschungen mit sich brachten“, spielte sie auf Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise und Einbruch der Gewerbesteuer an.bpa

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