Burgverein auf den Spuren der Herren von Eppstein

Die Gruppe des Burgvereins vor dem prächtigen Lettner in der ehemaligen Wallfahrtskirche St. Maria in Hirzenhain. Fotos: Julia Palmert/weitere Fotos auf www.eppsteiner-zeitung.de

Die Gruppe des Burgvereins vor dem prächtigen Lettner in der ehemaligen Wallfahrtskirche St. Maria in Hirzenhain. Fotos: Julia Palmert/weitere Fotos auf www.eppsteiner-zeitung.de

Einen Ausflug in die Geschichte des Hauses Eppstein und ihrer Erben, derer von Stolberg-Wernigerode, unternahm der Vorstand des Burgvereins. In der Gemeinde Hirzenhain, ...

... zwischen Wetterau und Vogelsberg gelegen, steht die einstige Wallfahrtskapelle St. Maria. Bertold Picard, ehemaliger Eppsteiner Stadtarchivar, gab der Gruppe in der heutigen evangelischen Kirche einen geschichtlichen Rückblick. Das Dorf aus dem Hochmittelalter gehörte erst den Herren von Büdingen, dann denen von Breuberg und kam 1328 als Erbschaft an die Eppsteiner. Seit 1357 ist die Wallfahrtskapelle belegt. 1437 veranlasste der wohlhabende und einflussreiche Eberhard II. von Eppstein-Königstein an der Kapelle eine Klostergründung der Augustiner Chorherren.

Eberhard sicherte sich das Verfügungsrecht über diese reiche Wallfahrtskirche. Von der Bedeutung der Kirche mit Mittelschiff, zwei Seitenschiffen, Lettner mit Maßwerkbrüstung zeugen die reiche Ausstattung mit lebensgroßen Holzfiguren am Altar und zahlreiche Kunstwerke. Bis zu seiner Auflösung während der Reformation 1559 verfügte das Kloster durch Schenkungen und Grunderwerb über umfangreiche Besitzungen und Nutzungsrechte. 1444 ging auch die Eisenschmiede, die in der Geschichte des Ortes seit 1375 eine wirtschaflich bedeutende Rolle spielte, in den Besitz des Klosters über. Aus der ehemaligen Waldschmiede mit Bergwerk ging das heutige Werk der Firma Buderus hervor, das dem Dorf im 19. und 20. Jahrhundert ein hohes Steueraufkommen bescherte. Bis 1595 beherbergte das ehemalige Kloster eine Lateinschule und wurde dann Gräflich-Stolbergisches Hofgut, der Klosterchor 1689 evangelische Kirche. Das Langhaus war bis 1882 Lager für Buderus.

Die heutigen Eppsteiner Besucher machten sich vor allem auf die Suche nach Eppsteiner Wappen und bestaunten das Grabmal des letzten Herren von Eppstein, Eberhard IV. Mit seinem Tod 1535 fiel die Grafschaft an seinen Universalerben Ludwig zu Stolberg. Damit war die Verbindung geknüpft zur zweiten Station der Eppsteiner Ausflüger in die Domäne Luisenlust an der mittelalterlichen Hohen Straße über Hirzenhain gelegen.

Philipp Fürst zu Stolberg-Wernigerode und seine Frau Leonille empfingen die Besucher auf ihrer großzügigen Hofreite mit Rosengarten, blühenden Rhododendren, Sandsteinbrunnen und viel historischem Charme. Ursprünglich hatte die Familie ihren Stammsitz in Stolberg und Wernigerode im Harz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie dort enteignet und fand ein neues Zuhause im Besitz in der Wetterau. Einst war der heutige Wohnsitz der Fürstenfamilie eine Pferdewechselstation.

Außer den Ländereien und Gebäuden in der sowjetisch besetzten Zone verlor die Familie unschätzbare Kunstwerke, Mobiliar und eine der bedeutendsten Privatbibliotheken Deutschlands mit zahlreichen Handschriften aus der Zeit vor 1450. Sie wurde im 16. Jahrhundert gegründet und war der Öffentlichkeit zugänglich. Mit viel Engagement kümmert sich der Fürst seit der Wiedervereinigung um die Zusammenführung des einstmals 130 000 Bücher umfassenden Wissenskosmos und die Wiederöffnung der Bibliothek. Heute werden alle Schriftstücke digitalisiert und katalogisiert – 30 000 Bände sind es inzwischen wieder und können unter www.stolberg-wernigerode.de angefragt werden.

Daneben beherbergt das Anwesen einen  Schatz an barocken und historistischen Möbeln und Kunsthandwerk sowie große Teile der einstigen „Wunderkammer“, einer Kuriositätensammlung mit Schwerpunkt Geologie und Naturalien. „Die Kabinette waren Universalmuseen, die heute meist in Spezialmuseen aufgegangen sind“, erklärte der Fürst. Unübersehbar der meterlange Kieferknochen eines Wals im Bibliothekssaal neben Kabinettschränken voller Steinformationen, Muscheln und Tierpräparaten. Überall hängen Gemälde der Ahnen, zu denen das Fürstenpaar lebhaft von der verzweigten Familiengeschichte erzählt. Leonilles Ur-Urgroßvater war Otto von Bismarck, Philipps Ur-Urgroßvater Otto Vizekanzler unter Bismarck. „In unseren Kindern kommen sie wieder zusammen“, sinnierte das Paar.

In der Außenstelle des Standesamtes Ortenberg kann geheiratet werden, gleich neben dem prächtigen Gala-Coupée, der Kutsche der Stolberger, die eigens für die Königskrönung Wilhelm I. 1861 gebaut und aufwändig restauriert wurde. Es war ein kurzweiliger, interessanter Ausflug in die Geschichte mit vielen optischen Reizen. Unter www.luisenlust.de gibt es Informationen zu der Eventlocation. Und mit dem Fürstenpaar ein Wiedersehen beim Burgfest Ende August, dessen Schirmherrschaft der Fürst 2024 übernommen hat. jp

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