Ex-Bürgermeister fragt: „Was wird aus dem Neufville-Turm?“

Eingerahmt von Bäumen hat der Turm den Charme eines „Lost Places“.Foto: Julia Palmert

Eingerahmt von Bäumen hat der Turm den Charme eines „Lost Places“.Foto: Julia Palmert

Die Corona-Pandemie hat viele Initiativen zum Erliegen gebracht. Auch den seinerzeit begonnen Bürgerdialog über die künftige Nutzung des Neufville-Turms.

Seit Gründung der Stiftung 2020 floss nur noch Geld in die notwendigsten Maßnahmen zum Erhalt des 1894 im Stil des Historismus gebauten Aussichtsturms. Sämtliche Aktivitäten und Ideen, den Turm zu renovieren und wieder zu öffnen, gerieten in Vergessenheit.

Für die Verwaltung, so Bürgermeister Alexander Simon, habe der Turm keine Priorität. Den Turm und das umliegende rund 33 000 Quadratmeter große Waldgrundstück hat die Stadt dem Verschönerungsverein in Erbpacht überlassen. Für den Erhalt kommt die Stiftung auf. Insofern hat die Stadt derzeit keinen Handlungsdruck.

Jetzt meldete sich Ralf Wolter zu Wort. Er findet: „Es ist zu ruhig geworden um Neufville-Turm und Bergpark.“ Der ehemalige Eppsteiner Bürgermeister ist stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats der Neuville-Turm-Stiftung und hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Projekt beschäftigt. Vor wenigen Tagen stattete er dem Turm einen Besuch ab – und war bestürzt über die Anzeichen von Verfall und Verwahrlosung.

Als Gründer des Unternehmens „Living Monuments“ hat er es sich zur Aufgabe gemacht, historische Gebäude zu retten. Im Idealfall, so Wolter, findet sich ein Investor, der das Gebäude erhält, ihm eine neue Bedeutung gibt, um es wirtschaftlich zu betreiben, aber auch den Menschen vor Ort einen Mehrwert bietet.

Während Wolters Amtszeit als Bürgermeister wurde der Eppsteiner Bahnhof umgestaltet, die Stadt kaufte das Bahnhofsgebäude und sanierte es. „Heute ist der Bahnhof, entgegen vieler Befürchtungen, samt seiner Gastronomie ein wichtiger Teil der Eppsteiner Infrastruktur“, sagt Wolter. Aus seiner Sicht wäre es nur folgerichtig, wenn Neufville-Turm und Bergpark als Gesamtanlage wieder ein erlebbarer Teil Eppsteins würden. Zum Beispiel als naturnahes Hotel, dessen Gebäude in den öffentlichen Bergpark integriert würden.

Der Turm allein, darüber sind sich Stadt und Stiftung einig, könne nicht wirtschaftlich betrieben werden. Dazu sei die Nutzfläche zu klein. In den vergangenen Jahren seien deshalb Ideen entwickelt worden: Von einem Anbau mit Glasfront für ein Restaurant am Neufville-Turm war die Rede, ein Parkdeck auf dem rückwärtigen Bahnhofsgelände wurde angeregt, ebenso neue Wege und Stege im Park. Hotelgäste könnten per Elektro-Mobile zum Hotel fahren, denn eine öffentliche Zufahrt durch den Wald wäre kaum zu realisieren. Beispiele, wie man Gebäude im Waldgelände integrieren könne, gebe es aus anderen Ländern, sagt Wolter. Deshalb suchte er nach Investoren, die sich für das gesamte Areal interessieren und habe auch schon einen Investor mit dem Besitzer des Bergpark-Areals zusammengebracht. Allerdings ohne Erfolg.

Seit über zehn Jahren nutzt der Besitzer, der Frankfurter Jugendhilfe-Verein JJ die Villa Anna und die anderen historischen Gebäude als Jugendhilfe-Einrichtung für minderjährige Flüchtlinge. Im ursprünglichen Konzept der Einrichtung waren die Arbeiten im Bergpark Teil der Therapie der früheren Klienten von JJ. Heute gehören die gärtnerischen Arbeiten im Bergpark nicht mehr zum Programm. Der Park ist für die Einrichtung also eigentlich überflüssig.

Der rund 10 Hektar große, denkmalgeschützte Bergpark mit seinen lauschigen Aussichtspunkten, künstlichen Ruinen und einem historischen Taubenhaus steht zwar Spaziergängern offen, aber die rund 2,5 Kilometer Wanderwege werden nur noch sporadisch vom Verschönerungsverein gepflegt. JJ kommt seinen Verpflichtungen als Eigentümer einer denkmalgeschützten Anlage schon lange nicht mehr nach.

Bevor er weitere Energie in die Suche nach Investoren stecke, müsse er sicher sein, dass die Politik, aber auch die Menschen in Eppstein hinter der Idee stehen, sagt Wolter. Denn mit einem neuen Hotel werde nicht nur der Bergpark wiederbelebt. Ein solches Projekt bringe auch Leben in die ganze Stadt. Das müsse öffentlich diskutiert werden, fordert er.

Einig sind sich Wolter und Simon, dass der Bergpark mit seinen historischen Gebäuden ein enormes Potenzial hat. Simon weist aber darauf hin, dass der Weg für eine neue Nutzung noch sehr weit sei. Davor stehen nicht nur erfolgreiche Kaufverhandlungen samt Nutzungskonzept an, sondern auch ein langer Planungsweg durch etliche Instanzen wie Regionalverband, Naturschutz- und Forstbehörden.bpa

Weitere Artikelbilder:

Kommentare

Anmelden oder Registrieren um Kommentare zu schreiben


X