Künstlerwettbewerb: Bürgerpreis für „Regnendes Land“

Stephanus und Carmina van Bergerem stifteten den Bürgerpreis, der an Zoe Mahlau ging.Foto: Beate Schuchard-Palmert

Stephanus und Carmina van Bergerem stifteten den Bürgerpreis, der an Zoe Mahlau ging.Foto: Beate Schuchard-Palmert

Finissage und Verleihung des Bürgerpreises lockten noch einmal zahlreiche Zuschauer zur Ausstellung des Künstlerwettbewerbs 2025. Viele nutzten am Sonntagnachmittag bis kurz vor Abgabeschluss die Möglichkeit, einen Zettel mit der Nummer ihres favorisierten Kunstwerks in die Urne zu werfen.

Zu diesem Zeitpunkt waren die 500 vorgedruckten Wahlzettel längst ausgegeben, berichtete Yvonne Winterer vom Organisationsteam. Eine Woche lang hatten Besucherinnen und Besucher Zeit, das Werk auszusuchen, das ihrer Meinung nach am besten das Thema „Balance“ darstellt.

Pünktlich um 16.30 Uhr gab Dagmar Hirtz-Weiser vom Kulturkreis das Siegerbild bekannt: Objekt Nummer 37, „Regnendes Land“, von Zoe Mahlau. Die 29-Jährige nahm Urkunde und Umschlag von Ecoterra-Chef Stephanus van Bergerem entgegen. Das Unternehmen aus Bremthal hatte dieses Jahr den mit 300 Euro dotierten Bürgerpreis gestiftet. Das sei ein schönes Willkommensgeschenk, sagte Zoe Mahlau. Die Kunststudentin ist in Eppstein aufgewachsen, besuchte die Freiherr-vom-Stein-Schule, studiert in Offenbach und Frankfurt Kunst und ist nach zehn Jahren in Offenbach gerade wieder nach Eppstein gezogen – unter anderem, um in der Nähe ihres Pferdes zu sein, sagte sie. Sie mache zusätzlich zu ihrem Studium eine Ausbildung zur Pferde-Osteopathin. An Eppstein schätze sie die Ruhe und die Natur.

Die Balance in ihrem Bild „Regnendes Land“ habe sie vor allem beim Malen in sich selbst gefunden, erklärt die Künstlerin. Darüber hinaus sehe sie in dem Bild das Spiel zwischen Schwere und Leichtigkeit, die Balance zwischen Gegensätzen Licht und Dunkel: Oben die bedrohliche Last des Himmels, die sich im Regen löst, unten die helle Fläche wie atmendes Land. In ihren meist großformatigen Bildern beschränke sie sich auf wenige Farben, in diesem Fall Blau- und Brauntöne und Weiß, das verstärke die Ruhe, die das Bild trotz der lebhaften, fließenden Pinselstriche ausstrahle. Das scheinen viele Besucher ähnlich empfunden zu haben. Das Bild habe mit Abstand die meisten Stimmen erhalten, sagte Hirtz-Weiser bei der Preisverleihung.

Dennoch habe es noch einige andere Publikumslieblinge gegeben, die etliche Stimmen bekamen: Zum Beispiel Bettina Kochs Schwarz-Weiß-Fotografie „Balance-Akt“, bei der die Fotografin die perfektionierte Körperspannung einer Balletttänzerin in Embrional-Stellung auf ihren Ballettschuhen auszubalancieren scheint.

Auch die warmen Farben von Gaby Schmitts „Baum“ überzeugte viele Besucher. Die Mischung zwischen feinem, lasierendem und kräftig pastosem Auftrag lässt den Baum in Gaby Schmitts Acrylgemälde fast plastisch wirken. In dem ausgewogenen Verhältnis zwischen dem kräftigen Stamm zu den vielen feinen Ästen sieht die Künstlerin eine ausgleichende Balance, die sie in ihrem Bild einfangen wollte.

Eine Broschüre mit allen 81 ausgestellten Werken samt Beschreibung der Künstler gibt es auf Bestellung beim Kulturkreis. Über einen QR-Code hatten die Besucher während der Ausstellung die Möglichkeit, sich über die einzelnen Werke zu informieren. Das wurde rege genutzt. Immer wieder blieben Besucher vor einem Bild stehen und griffen zum Handy. Für die Vielfalt der Werke und Interpretationen des Ausstellungsthemas gab es viel Lob, berichtete Hirtz-Weiser.

Auch einige Eppsteiner Künstler beteiligten sich am Wettbewerb. Regina Lüneberg malte ein auf einer blauen Wasserfläche schwebendes, welkes Blatt im Prozess des Vergehens: Ein Wurm bohrt sich in die Blattoberfläche, ein Insekt greift von der Seite danach. Feine Luftblasen steigen neben dem Blatt auf. Lünenberg stellt ein fragiles Gleichgewicht zwischen Leichtigkeit und Gewicht, Bewahrung und Verfall dar. Mit den direkt daneben gehängten „Drei Grazien in Blau“ tastet Sybille Dömel aus Alt-Eppstein sich an das Thema Balance heran.

Marianne Münsters puristisch weiße Prägedrucke „In Balance I und II“ spielen mit unterschiedlichen Formen, Kreisen, Ringen, Quadraten und Linien, die sie in ihrem Druck miteinander ausbalanciert. Der Ehlhaltener Fotograf Walter Adler reichte zwei Fotografien ein, „Gewitterstimmung“ und „Balance“, in denen er das Spiel von Wind, Sturmböen, Luft und Licht in den im Boden verwurzelten Bäumen einfing und auf dem Bildschirm bearbeitete.

Das Foto einer „Schnecke im Höhenrausch“ von Ute Mauer aus Niederjosbach ist aus ihrer Trilogie „Escargot“. In regnerischen Sommernächten machte sich Mauer auf die Pirsch und ließ sich von der Schönheit der Weinbergschnecken faszinieren, die in jeder Lage die Balance halten und für Geduld und Langsamkeit stehen – eine weitere Dimension der Balance.

Eine antike Haushaltswaage mit Wiegebehälter und fünf Gewichten hatte Norbert Röske aus Vockenhausen zur Ausstellung gebracht. Allerdings hatte er dieses Sinnbild für Balance und Ausgleich mit einer Kordel gefesselt und so eingerichtet, dass die Waage immer im Gleichgewicht steht. Das Naturgesetz, dem die Waage unterliegt, wurde außer Kraft gesetzt, erläuterte Röske, die Waage zum Symbol für Manipulation und Unfreiheit verfremdet. bpa

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