Christoph Hein verbindet in seinem neuen Werk „Das Narrenschiff“ auf eindrucksvolle Weise ein historisches Sachbuch mit einem erzählerischen Roman. Er lässt uns eintauchen in die Welt der DDR, nicht in trockenen Jahreszahlen, sondern durch die Lebenswege von Frauen und Männern, die diesen Staat einst aufbauten, ertrugen, verteidigten oder auch still in Frage stellten.
Wir begegnen Funktionären, Intellektuellen, Fabrikarbeitern, ehemaligen Nazis, überzeugten Kommunisten und einem Stasi-Mann. Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch alle Teil einer unfreiwilligen Mannschaft sind. Gemeinsam finden sie sich wieder auf einem „Narrenschiff“ der Geschichte, das an Sebastian Brants große Satire aus dem 15. Jahrhundert erinnert. Ein Schiff voller Hoffnungen, Irrtümer, Täuschungen und Ängste, das unaufhaltsam auf gefährliche Klippen zusteuert. Hein schildert die dramatischen Stationen dieses Staates, vom Volksaufstand 1953 über den Prager Frühling bis zum Herbst 1989.
Er zeigt, wie Menschen im System überleben, sich anpassen, sich verraten oder mit stiller Hartnäckigkeit festhalten. Was als Traum vom besseren Deutschland begann, wird zu einer Chronik des Scheiterns und zugleich zu einem eindrucksvollen Zeugnis menschlicher Lebenskunst im Schatten der Macht.
Das Ergebnis ist ein Werk von großer Intensität, das man kaum aus der Hand legen möchte. Spannend, klug und unbedingt lesenswert, zugleich eine hervorragende Grundlage, um die DDR in all ihren Facetten besser zu verstehen.
Und das Schönste ist, dass diese literarische Neuerscheinung schon jetzt in der Eppsteiner Bibliothek darauf wartet, entdeckt zu werden.
Christoph HeinDas Narrenschiff2025, 750 Seiten, Suhrkamp Verlag
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