In den vergangenen Jahren ging auch bei dieser Aktion die Schere immer weiter auseinander: Die Zahl der Bedürftigen steigt seit Jahren an. Die Summe der Spenden hingegen stagniert oder ging, beispielsweise im vorigen Jahr, sogar zurück. Und das in einer Stadt, deren Einwohner in der Statistik des Durschnittseinkommens deutlich am oberen Ende der Skala liegen.
Begonnen hat mit dem Sammeln von Spenden Pit Gläser beim ersten Eppsteiner Weihnachtsmarkt 1983. 25 Jahre lang gehörte er mit seinem Leierkasten zum Bild des Weihnachtsmarkts und prägte die Idee, etwas Gutes zu tun, „von Eppsteinern für Eppsteiner“. Sein Nachfolger Martin Alberts übernahm von Pit Gläser die persönliche Ansprache. Auch er putzte Klinken bei Firmen und Einzelhändlern, pflegte den Kontakt zu langjährigen Spendern und sammelte Bargeld ein.
Mit Martin Alberts kam die Bürgerstiftung mit ins Boot. Seitdem hat die Weihnachtshilfe ein festes Spendenkonto. Seit zwei Jahren zeichnet Eva Waitzendorfer-Braun, die designierte neue Vorsitzende der Bürgerstiftung Eppstein, für die Weihnachtshilfe verantwortlich. Sie hat in diesem Jahr einen QR-Code eingerichtet, der direkt zum Spendenkonto führt. Mit Barthold Sauveur hat sie jetzt einen neuen Helfer an der Seite. Der Eppsteiner war jahrzehntelang im Vereins- und Kulturleben der Burgstadt aktiv und will das Bewusstsein der Eppsteiner auf diese einmalige Hilfsaktion lenken.
Pit Gläser sprach mit seinem Leierkasten die Menschen auf dem Weihnachtsmarkt an und lieferte den Inhalt seiner Sammelbüchse direkt im Sozialamt der Stadt ab. Inzwischen werden die meisten Spenden auf das Konto der Bürgerstiftung überwiesen, die auf Wunsch Spendenquittungen ausstellt.
Das neue Duo der Weihnachtshilfe hat sich vorgenommen, den Weg der Spenden aufzuzeigen, also wie das Geld, das für die Weihnachtshilfe gesammelt wurde, verteilt wird. Unbürokratische Hilfe bedeutet, dass die Menschen, die das Geld erhalten, keine langen Formulare ausfüllen müssen, andererseits wollen die Spender sicher gehen, dass ihr Geld wirklich Bedürftigen zugute kommt.
Jahrzehntelang war Gabriele Gerdau bei der Stadt für die Weihnachtshilfe zuständig und verteilte die gesammelten Spenden. Heute laufen bei Julia Pretsch vom Fachbereich Soziales die Fäden zusammen. Auch sie weiß aus ihrer beruflichen Tätigkeit, wer in Eppstein bedürftig ist. Sie kennt viele Sozialhilfeempfänger und weiß, wo Menschen mit geringen Einkünften wohnen. Bis zur Pandemie 2020 holten die Empfänger einen Umschlag mit Bargeld bei der Stadt ab. Inzwischen wird das Geld überwiesen. „Das ist für die Betroffenen deutlich angenehmer als der Gang zum Rathaus“, weiß Pretsch aus Erfahrung. Für sie bedeute es zusätzliche Arbeit, denn jeder Empfänger werde angeschrieben. Auch prüfe sie ob persönliche Daten sich geändert haben. Hin und wieder melden sich Betroffene bei ihr und fragen nach Unterstützung. Mit ihnen spreche sie persönlich über ihre Lebens- und Einkommensverhältnisse. Sie habe dabei festgestellt: „Die Dunkelziffer der Menschen, die mit wenig Geld ohne Sozialhilfe oder andere staatliche Unterstützung auskommen, ist enorm groß!“
Aus Gründen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte, sind der Bürgerstiftung und den Spendensammlern weder Namen noch Adressen der Begünstigten bekannt. „Aber wir wissen, dass jeder gespendete Euro an Menschen in Eppstein geht“, betont Waitzendorfer-Braun.
Der schönste Ansporn, trotz abnehmender Spendenbereitschaft weiterzumachen, sind Ausschnitte aus Briefen, die voriges Jahr noch vor Weihnachten im Sozialamt eingetroffen sind: „Mit Dank an alle, die gespendet haben“, heißt es darin oder, „Freue mich riesig, ist einfach eine tolle Aktion und tut in der heutigen Zeit wirklich gut…“. In einem anderen Brief steht: „eine sehr gute Vorbereitung auf Jesu Geburt in unseren Herzen“ oder einfach nur „vielen, vielen Dank“.
Auch die Zahlen sprechen für sich: 244 Menschen, Erwachsene und Kinder, stehen dieses Jahr auf Pretschs Liste, einige mehr als im vorigen Jahr. 2024 kamen 4080 Euro für die Weihnachtshilfe zusammen. Für Kinder und Jugendliche sei erstmals der Eppstein-Fonds aufgekommen, eine Treuhandstiftung unterm Dach der Bürgerstiftung. In diesem Jahr unterstützt die katholische Kirche dank einer großzügigen Spende Alleinerziehende.
Die individuelle Spendensumme werde trotzdem seit Jahren immer kleiner, betont Pretsch. „Da ist weiß Gott noch Luft nach oben“, sind sich auch Waitzendorfer-Braun und Sauveuer einig. Sie weisen darauf hin: „Jeder noch so kleine Betrag zählt“. Ebenso wie gute Ideen: So organisierte die Stadtverordnete Franziska Sehr mit einigen Mitstreitern am Samstag einen Weihnachtsgeschenke-Basar in Vockenhausen. Elf Aussteller präsentierten an 19 Ständen originelle Geschenkideen: Zum Beispiel selbst Genähtes, Holzschnitzarbeiten oder Deko aus Holz. Beliebt waren Adventsgestecke und Türkränze. Der Reinerlös aus Kuchen- und Getränke-Verkauf von 230 Euro geht an die Weihnachtshilfe.
Auch der Niederjosbacher Adventsmarkt am zweiten Adventssonntag, spendet dieses Jahr einen Teil seiner Einnahmen an die Weihnachtshilfe.
Waitzendorfer-Brauns Ziel für die Sammlung der Weihnachtshilfe 2025 sind mindestens 5202 Euro, die Spiegelsumme der Jahreszahl. Um zu verhindern, dass Spendensummen verglichen werden, werden künftig nur noch die Namen der Spender genannt, aber keine Einzelbeträge mehr.
Neu ist seit diesem Jahr ein QR-Code, über den direkt gespendet werden kann. Auch Überweisungen unterm Stichwort „Weihnachtshilfe“ auf das Stiftungskonto bei der Frankfurter Volksbank sind weiterhin möglich: IBAN: DE19 5019 0000 0022 0022 01. bpa




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