Wald sieht in Zukunft anders aus: jünger und leider ohne alte Bäume

Katharina Herweh steht auf einem Forstweg in der Mark und zeigt nach Norden, Richtung Windvorrangfläche. Südlich des Wegs sollten eigentlich längst Pionierbaumarten wachsen. Foto: bpa

Katharina Herweh steht auf einem Forstweg in der Mark und zeigt nach Norden, Richtung Windvorrangfläche. Südlich des Wegs sollten eigentlich längst Pionierbaumarten wachsen. Foto: bpa

Zwei regenreiche Jahre haben dem Wald gut getan. Zumindest auf den ersten Blick.

Wer genauer hinsieht, dem fallen zwischen leuchtendem Herbstlaub viele Bäume auf, die kahle Zweige in den Himmel recken: Am Staufen beispielsweise, einem Wald, der nicht regelmäßig bewirtschaftet wird, also nahezu ohne Eingriffe natürlich wächst, brachten die Dürrejahre dort die Eichen als Hauptbaumart in Stress, jetzt gibt ihnen der Eichenprachtkäfer den Rest. Vor allem die alten Laubbäume, Eichen wie Buchen, weisen irreparable Schäden auf, berichtet Katharina Herweh bei unserer Herbsttour in den Eppsteiner Stadtwald. Die alten Buchen weisen multiple Schäden auf: Sonnenbrand auf der Rinde begünstigt das Eindringen zersetzender Pilze. Hinzu kommen schädliche Insekten. „Äste, die einmal abgestorben sind, wachsen nicht mehr weiter“, macht Herweh deutlich. Die Försterin beim Forstamt Königstein hat im August das Eppsteiner Revier, also den Stadtwald, kommissarisch übernommen. Stadt und Forstamt suchen immer noch nach einem Nachfolger für den im Februar verstorbenen langjährigen Revierförster Peter Lepke.

In den vergangenen Wochen hat Herweh sich einen Überblick über die einzelnen Abteilungen verschafft und nahm sich jetzt einen Vormittag Zeit, um mit der Eppsteiner Zeitung einige Waldstücke anzufahren und auf Besonderheiten hinzuweisen: Der felsige Staufen ist kein Nutzwald. Dennoch muss das Forstamt auf Verkehrssicherheit achten und trockene Bäume oder Äste, die auf den Weg zu fallen drohen, herausnehmen.

Ein großer Teil der Straßen und Verkehrswege im Stadtgebiet führen durch Waldgebiete. Auch die Bahn gehört dazu, die erst vor kurzem wegen eines umgestürzten Baumes aufgehalten wurde – einer von derzeit vielen Verspätungsgründen. Etliche Wohngebiete wurden entweder direkt am Waldrand errichtet oder in den vergangenen Jahrzehnten vom Wald eingeholt. Für die Sicherheit der Wege und Gebäude ist der Waldbesitzer verantwortlich, also entweder die Stadt, das Land oder Privatwaldbesitzer. Die Verkehrssicherung ist deshalb mit knapp 30 000 Euro einer der größten Ausgabeposten im Forstwirtschaftsplan.

Abgestorbene Bäume müssen nicht notwendigerweise herausgenommen werden, solange sie fest verwurzelt sind, führt Herweh aus, denn sie sind wertvolle Lebensräume für andere Lebewesen. Allerdings können dürre Äste zu einer Gefahr für Spaziergänger oder Autofahrer werden. Dort, wo die alten Bäume absterben, wachsen häufig viele junge Bäume nach, die möglicherweise schon besser auf die klimatischen Veränderungen vorbereitet sind als ihre Vorfahren.

Auf die Anpassungsfähigkeit des sogenannten Naturnachwuchses setze der Forst große Hoffnungen, sagt Herweh. So sieht der Wald in der Zukunft vermutlich ganz anders aus als der heutige: „Viel jünger, aber leider ohne die vielen alten Bäume“, sagt Herweh.

Im Herbst sind die Harvester, die Erntemaschinen im Einsatz. Herweh muss sich vorab einen Eindruck verschaffen, ob es an einigen Stellen, etwa oberhalb des Amstertals bei Bremthal sinnvoll ist, mit Maschinen zu ernten oder doch mit der Motorsäge, falls die Bäume zu dicht stehen.

Auch einige Neupflanzungen besichtigte Herweh, die noch von Peter Lepke angelegt wurden. Als zuständige Försterin für die Produktbeschaffung im Forstamt Königstein, habe sie seinerzeit für etliche Pflanzaktionen die Setzlinge bestellt. Als Beispiel nennt sie die Aktion „1000 Bäume für den Stadtwald“, zu der die Bürgerstiftung 2020 die Eppsteiner aufgerufen hatte. Am Ende reichte das gesammelte Geld für 6500 junge Eichen samt Pflegemaßnahmen. Eichenschonungen werden in ihren ersten Jahren eingezäunt, um sie vor Wildverbiss zu schützen. Ein Abstecher zu der Pflanzung bei Niederjosbach zeigt, dass die Schösslinge zu kleinen Bäumen heranwachsen.

Auch eine der größten Kalamitätsflächen auf Eppsteiner Gemarkung fuhr sie bei der Rundfahrt an: die kahle Kuppe in der Mark bei Oberjosbach. Dort starben in den Dürrejahren 2018 und 2019 nahezu alle Fichten ab. Auch die späteren Pflanzversuche mit Kiefern, Lärchen und ersten Eichen waren anscheinend erfolglos, stellte Herweh bei der Besichtigung fest. Die freie Fläche unmittelbar neben der Windvorrangfläche für den geplanten neuen Windpark sei eigentlich vorgesehen für einen Eichenmischwald. Denn Eichen hätten dort ausreichend Licht, um sich zu entfalten. Doch außer ein paar winzigen Birken hat sich auf der riesigen Freifläche kaum ein Bäumchen zwischen dem dichten Polster der Drahtschmiele behauptet. Dieses feste Steppengras breitet sich noch schneller aus als die Brombeere und dichtet den Boden ab.

Um jungen Bäumen überhaupt eine Chance zu geben, müsste die Gras-Schicht gezielt an etlichen Stellen aufgerissen werden, damit Birke, Eberesche, Lärche, Kiefer und Eichen im Waldboden darunter als Pionierarten wurzeln könnten. Einige nicht heimische, aber im hessischen Waldentwicklungsplan geförderte Arten wie Douglasie und Roteiche könnten laut Herweh dort auch gezielt gepflanzt werden. Das Projekt müsse allerdings warten bis zum nächsten Forstwirtschaftsplan in einem Jahr, so Herweh. Der Plan für Pflege und Ernte für 2026 steht, wie berichtet, bereits fest.

Ein Stück unterhalb der großen Freifläche bei Oberjosbach weist ein eingezäuntes Areal auf eine weitere Anpflanzung vor ein paar Jahren mit jungen Eichen hin. Auch ein paar junge Hainbuchenschösslinge stehen dazwischen. Neben Brombeerranken haben sich auch Ebereschen und die Drahtschmiele dort breit gemacht. Während die Eberesche stehen bleiben darf, werden die Bodendecker regelmäßig gerodet. Dank dieser Pflege haben sich die jungen Bäume laut Herweh gut entwickelt.

Herweh, die aus Langenhain stammt, kennt das Eppsteiner Revier und ihren Vorgänger Peter Lepke seitdem sie vor 25 Jahren zunächst beim Forstamt in Hofheim angefangen hat und später mit ins heute zuständige Forstamt Königstein wechselte. Als ehemalige Handballerin bei der TGS Langenhain und heutige Jugendtrainerin bei der HSG Eppstein-Langenhain hat sie auch privat mit vielen Eppsteinern zu tun.

„Ein spannendes Revier und eine Herausforderung“, sagt sie. Zu den unterschiedlichen Standorten wie sonnige Hänge, schattige Täler und unterschiedliche Höhenlagen kommen die Folgeschäden von Trockenheit, Stürmen, Käfer- oder Pilzbefall. Ein Jahr, schätzt sie, brauche man mindestens bis man das Revier einigermaßen und auch die wichtigsten Ansprechpartner kenne. Sie hofft, dass schon bald ein Nachfolger gefunden wird, der wie ihr Vorgänger dauerhaft ins Forsthaus bei Oberjosbach einzieht.bpa

Weitere Artikelbilder:

Kommentare

Anmelden oder Registrieren um Kommentare zu schreiben


X