Fehleinschätzung: Eppsteiner Publikum ist wetterfest

Ein kurzer Regenschauer störte die Zuschauer der Operette kaum. Am Abend danach wurde die Vorstellung des Kabarettisten HG. Butzko abgesagt, nachdem der Regen vorbei war.
            Foto: Julia Palmert

Ein kurzer Regenschauer störte die Zuschauer der Operette kaum. Am Abend danach wurde die Vorstellung des Kabarettisten HG. Butzko abgesagt, nachdem der Regen vorbei war.

Foto: Julia Palmert

Der Sonntagabend, 20. Juli, auf Burg Eppstein endete mit großen Emotionen. Das Publikum des Kabarettisten HG. Butzko war traurig, fassungslos und sehr enttäuscht über die extrem kurzfristige Absage,...

... die Kulturdezernentin und Erste Stadträtin Sabine Bergold zusammen mit dem Künstler exakt fünf Minuten vor Veranstaltungsbeginn verkündete. Die offizielle Begründung war eher schwammig. Es seien 120 Karten verkauft worden, aber davon seien 80 Besucher nicht erschienen. Diese Zahl stellte sich auf Rückfrage als reine Schätzung heraus. Der Hinweis auf die wartenden Gäste in der Juchhe, die den Regen bei einem Gläschen Wein verplaudert hatten, bügelte Bergold genervt ab. Die Absage sei mit dem Künstler abgesprochen. Es werde einen Nachfolgetermin geben, die Karten behielten ihre Gültigkeit oder könnten zurückgegeben werden. „Es hätte doch keinem mehr Spaß gemacht“, erklärte Bergold – eine Fehleinschätzung. Sie meinte damit offensichtlich in erster Linie den Künstler selbst.

Open Air-Veranstaltungen wie die Burgfestspiele haben ihre eigenen Regeln. Erfahrene, langjährige Burgfestspielbesucher wie Ulrike Herrmann erkennt man an ihrer Ausrüstung: Ein Handtuch, um einen verregneten Sitz abzutrocknen, ein Kissen oder eine Decke für den kalten Stuhl, einen Regenponcho und flache, bequeme Schuhe für den Aufstieg zur Burg. Natürlich gibt es auch die Unerfahrenen, die auf Stöckelschuhen mit rückenfreiem Cocktailkleid zum Theaterabend aufbrechen, um unvermittelt in der Realität der Burgromantik zu landen. Genauso gibt es bei Künstlern die handfesten Profis, die für ihr tapferes Open-Air-Publikum ihr gesamtes Potenzial freilegen, ihre Gäste in ihren Bann ziehen und Wetterkapriolen mit einem flotten Spruch beiseite wischen. Aber auch Künstler wie Butzko. Er gab den verbliebenen Besuchern keine Chance mehr, ihre Plätze einzunehmen und verwies auf den Ausweichtermin. Volker Steuernagel alias Bürger Jordan, selbst leidenschaftlicher Schauspieler, kommentierte die Absage mit den Worten: „Ich hätte auch vor zehn Leuten gespielt. Das gebietet die Höflichkeit. Wer Freilichtbühne akzeptiert, der muss mit Wetter klarkommen. Mir ist die Wertschätzung von wenigen echten Fans lieber als der volle Saal.“

Ulrike Herrmann war empört über die Absage, die Art und die Argumente. In ihrer langjährigen Festspielerfahrung habe sie Gewitter, Starkregen, glühende Hitze, unterbrochene und abgebrochene Vorstellungen erlebt. Doch man hätte sich darauf verlassen können, dass die Vorstellung begann, sobald der Regen aufhörte. Auch Karl Mutterer aus Vockenhausen machte aus seinem Unmut keinen Hehl. Er hätte bereits seit vier Tagen die Wetter-App beobachtet, die Entwicklung hätte sich klar abgezeichnet und sei exakt wie angekündigt eingetreten. Punkt 19.30 Uhr habe der Regen planmäßig aufgehört. Bis kurz vor 21 Uhr standen enttäuschte Gäste an den Stehtischen in der warmen Sommernacht und diskutierten den Vorgang. Es gab lange Gesichter bei dem älteren Ehepaar, das wegen Butzko extra einen Kurzurlaub in die Region gemacht hatte, ein junger Mann aus Kelkheim hatte sich sein Geburtstagsgeschenk für seine Frau völlig anders vorgestellt, Freundeskreise hatten sich extra für den Abend verabredet und genossen wenigstens noch ein wenig die Burgatmosphäre.

Manche hatten sich wegen des vorangegangenen Regens auf den Wetterhinweis auf der Eintrittskarte verlassen. So standen gegen halb sieben rund 30 Besucher vor verschlossenen Türen am Bürgerhaus. Hinweise auf der Webseite der Stadt suchte man vergeblich. „Wir müssen spätestens um 13 Uhr eine Entscheidung treffen, damit wir die Technik und die Bestuhlung im Bürgerhaus vorbereiten können. Wir hatten uns mit Rücksicht auf die bewirtenden Vereine für die Burg entschieden“, erklärte Bergold. Das klingt fast schon zynisch, denn statt ebenfalls mit ihren Brezeln ins Bürgerhaus umziehen zu können, blieben die Burgschauspieler auf Speisen und Getränken weitestgehend sitzen. Für die Helfer von der Schachvereinigung im Ostzwinger war die Situation durch den vorangegangenen Regen und die entgangenen Umsätze einer Pause noch katastrophaler. Sie hatten Vesperteller vorbereitet, die nicht verkauft wurden.ffg

Kommentare

Anmelden oder Registrieren um Kommentare zu schreiben


X