Bürgermeister Alexander Simon lud, zusammen mit der Arbeitsgruppe „Stadtbild“ der Initiative „Eppstein lebt!“, zur Übergabe von Fördergeldern und einem Altstadtrundgang ein. Die Gruppe hatte Ideen zur Verbesserung des Stadtbilds entwickelt und vorgeschlagen, auch private Maßnahmen zu fördern. Die Stadt griff diese Anregung auf und stellte schon 2021 aus dem Landesprogramm Zukunft Innenstadt Fördermittel für private Investitionen zur Verfügung, bis zu 2500 Euro pro Maßnahme. Damals hatte sich nur ein Hauseigentümer beworben und neue Fenster im Sinne des Denkmalschutzes im Gasthaus Zum Taunus eingebaut.
Auch auf die erneute Ausschreibung Im Frühjahr war die Resonanz gering. Von acht Anfragen blieben am Ende die Projekte Hintergasse 8 und Burgstraße 23 übrig, für die die Eigentümer einen Antrag auf Förderung stellten: In der Hintergasse 8 hat der Eppsteiner Architekt Peter Lenz das Haus seiner Familie in den vergangenen Jahrzehnten behutsam saniert. „Meine Oma Anna Lenz wurde in diesem Haus 100 Jahre alt“, erzählte er und brachte zur Altstadtbegehung Fotos mit: Von dem Haus, wie es aussah, als er es 1993 übernahm, aber auch von seinem Urgroßvater Leonhard Lenz, der sich 1913 auf dem Weg zu den ersten Burgfestspielen in der Altstadt hoch zu Ross und als Ritter verkleidet ablichten ließ.
Fast 30 Jahre habe er mit seiner Familie in dem Haus gewohnt, in dem schon seine Urgroßeltern gelebt haben, sagte Lenz. Als er mit Frau und Kindern einzog, wurde das Haus zunächst innen renoviert, Heizung und Elektrik mussten erneuert werden. Seit einigen Jahren hat er es vermietet. Jetzt standen die Sanierung von Dach und Fassade an und ein neuer Zaun für den kleinen Hof sowie eine Mülltonneneinhausung.
Bei der Altstadtbegehung am Freitag präsentierte sich das Haus mit neuem Fassadenanstrich in „gebrochenem, mineralischem Weiß“, wie Lenz betont. Das im 18. Jahrhundert errichtete Fachwerkhaus wurde spätestens Anfang des 19. Jahrhunderts verputzt. Der damalige Zeitgeschmack, so Lenz, wurde gemeinsam mit der Denkmalpflege für das aktuelle Farbkonzept gewählt. So wurden die noch vorhandenen Faschen an den Fenstern in der Fassade in zartem Grau abgesetzt. Diese Bekleidung aus Holz wurde wahrscheinlich einmal angefertigt, um Fensterläden anzubringen.
Der frühere Stadtarchivar Bertold Picard begleitete als Sprecher der Altstadtgruppe für Stadtverschönerung den Rundgang und lobte, dass das ursprüngliche Toilettenhäuschen im Hof erhalten geblieben sei – „Ein Beweis dafür, dass die Eppsteiner ihren Spitznamen Pflasterschisser zu unrecht tragen“, sagte er augenzwinkernd. Er wies auch darauf hin, dass viele Häuser in der Altstadt ursprünglich Fensterläden hatten. Deshalb hatte die Arbeitsgruppe die Idee, Zuschüsse zu gewähren, unter anderem, wenn altstadtgerechte Fenster eingebaut oder Fassaden renoviert werden – aber auch für rein optische Maßnahmen wie Fensterläden oder das farbige Hervorheben von Gesimsen.
Die Frage nach Fensterläden oder Gesimsen, so der Architekt Lenz, habe sich ihm gar nicht gestellt, denn Gesimsbretter seien für sein Haus nicht nachweisbar und auch von den Fensterläden gebe es keine Spuren mehr. Mit der Denkmalpflege sei er sich einig gewesen, dass nach letztem bekanntem historischem Stand saniert würde und nichts ergänzt werde, das längst verschwunden sei.
Das Haus in der Burgstraße 23 wird seit einem Jahr saniert. Zum Abschluss war jetzt ein neuer Anstrich fällig. Dafür gab es von der Stadt wie für das Haus in der Hintergasse den Höchstbetrag in Höhe von jeweils 2500 Euro. „Allerdings haben beide deutlich mehr investiert“ räumte Simon ein und lobte das schmucke Aussehen sowohl des Lenz’schen Hauses in der Hintergasse als auch des vom Besitzer selbst bewohnten Wohnhauses in der Burgstraße 23. Der 36-jährige Stefan Becker, der im gegenüberliegenden Haus aufgewachsen ist, übernahm erst vor Kurzem das Haus, das schon immer im Familienbesitz war, und sanierte es von Grund auf für seine Familie und sich. Dank der Recherchen des früheren Stadtarchivars Bertold Picard habe er jetzt erfahren, dass das Haus genau vor 200 Jahren, 1824, erbaut wurde von seinem Vorfahren, dem aus Gießen stammenden Gerber und Landwirt Johann Philipp Heinrich Löber. Das Fachwerk, so Picard, sei von Anfang an verputzt gewesen.
Damals, so Picard, lag das Haus noch außerhalb des Stadtmauer, auf den sogenannten „Herrngärten“. Die ehemaligen Gemüsegärten der Burgherrschaft wurden um 1823 von der Gemeinde zu Baugrundstücken parzelliert. Der geschäftstüchtige Gerber kaufte eines davon und heiratetet die Schultheißentochter. Mit seinen zehn Kindern wurde Löber zum Stammvater zahlreicher Eppsteiner Familien namens Löber. 1825 richtete er in dem Haus eine Schankwirtschaft ein. Das „Jägertor“ genannte Stadttor, zwei Häuser stadteinwärts, wurde bereits 1823 wegen des, wie es in alten Unterlagen heißt, „zunehmenden Verkehrs“ abgebrochen.bpa
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