Ihre verschieferten Giebel und Ecktürme, das schmucke Sichtfachwerk und die auf zierlichen Holzbalken gestützte Fachwerk-Loggia ziehen bei der Einfahrt von Fischbach aus unweigerlich den Blick auf sich. Bei den Eppsteinern heißt die als Einzeldenkmal ausgewiesene Villa Laux nach den früheren Besitzern.
Erbaut wurde sie 1904 von Jakob Ickstadt, dem Wirt des damals weithin bekannten Gartenrestaurants und Hotels, das aus der ehemaligen Ölmühle auf der gegenüberliegenden Straßenseite hervorging. Dort, wo heute der Lebensmittelmarkt Parkplätze für seine Kunden bereitstellt, genossen in der Kaiserzeit illustre Gäste und Touristen, Eppsteiner Gastfreundschaft und den Blick in die idyllische Landschaft. Die 1877 eröffnete Main-Lahn-Bahn brachte Ausflügler und Urlauber in immer größeren Scharen in die Burgstadt. Um 1905 zählte Eppstein an schönen Sommersonntagen bis zu 3000 Ausflügler – bei damals rund 1150 Einwohnern. Jakob Ickstadt hatte das Gasthaus Ölmühle 1867 übernommen und weiter ausgebaut. 1899 verkauften Jakob und Theresia Ickstadt die Ölmühle. Möglicherweise wollten sie sich einen Alterswohnsitz auf dem Grundstück in der Staufenstraße bauen. Allerdings starb Jakob Ickstadt 1903, also noch bevor die Villa ganz fertig war.
Seit 2019 gehört die Villa der Familie Schmitt. Eingezogen ist Jens Schmitt mit Ehefrau Sabine und seinen inzwischen sieben und zehn Jahre alten Kindern erst 2022. „Anfangs dachten wir: ein bisschen streichen, tapezieren und wir können einziehen“, sagt der Hausherr lachend. Rund sechs Jahre später blickt er stolz auf die geleistete Arbeit zurück: Heizung, Elektro- und Wasserleitungen wurden ausgetauscht und modernisiert. Jetzt steht im Keller eine Gas-Hybrid-Heizung, die von der Solaranlage auf der Garage neben dem Haus unterstützt wird. Schöne Einzelstücke wie zwei Heizkörper der ersten Zentralheizung von 1915 mit schmucken Voluten als Füßen ließen die neuen Besitzer stehen.
Die Innentüren wurden neu lackiert Einige lagerten im Keller, waren aber noch funktionstüchtig. Deshalb ließen die Schmitts sie aufarbeiten. Der Holzboden in Wohnzimmer und Flur und die alte massive Holztreppe wurden abgeschliffen und neu geölt, in der Küche ein Dielenboden im gleichen Farbton verlegt. Auf Wunsch der Denkmalschutzbehörde blieb ein etwa 2,50 Meter hoher und 70 Zentimeter breiter Ausschnitt der ursprünglichen Tapete im Treppenhaus sichtbar: eine olivgrüne Waldlandschaft mit großen Laubblättern und dunklen Ästen. Um sie hervorzuheben ließ Schmitt die Tapete in einen Rahmen fassen.
Schmuckstücke der Sanierung sind die großen Fenster, die nach historischen Fotos neu angefertigt wurden: mit bis zu vier Flügeln, einige Fenster im Wohnzimmer mit Segmentbogen-Oberlichtern und Sprosseneinteilung. Die Fenster sind auf der Wetterseite hellgrau und innen in cremeweiß gestrichen. Über 50 Oliven nach historischen Vorbildern wurden montiert. Es sei schwierig gewesen, so Schmitt, einen Schreiner dafür zu finden. Nur ein einziger habe auf die Ausschreibung geantwortet.
Als Anerkennung für die denkmalgerechte Sanierung der Fenster gab der Main-Taunus-Kreis einen Zuschuss von 13 000 Euro – ein Drittel der Gesamtsumme von 39 000 Euro, die der Kreis dieses Jahr für fünf Objekte in Hofheim, Eppstein, Kelkheim, Bad Soden und Flörsheim ausschüttete.
Die Renovierung, die teilweise in die Corona-Jahre fiel, sei schwierig gewesen, sagt Schmitt: Zunächst ließ die denkmalrechtliche Genehmigung auf sich warten. „Dann gab es zu dieser Zeit kaum Bauholz“, erinnert er sich. Den strahlend weißen Wänden ist die Bauzeit nicht mehr anzusehen.
Der Charme der großen Räume sei der Grund, warum sie das Haus gekauft haben, sagt Schmitt – und die Nähe zum S-Bahnhof. Er arbeitet als Unternehmensberater in Frankfurt und fahre, wenn es das Wetter zulasse, auch gern mit dem Rad zur Arbeit. Seine Frau sei wegen ihrer Arbeitsstelle in Bad Homburg allerdings aufs Auto angewiesen.
Bauhistorisch lässt sich die Villa vergleichen mit anderen Villen, die um 1900 in Eppstein errichtet wurden: Historisierende Formen waren äußerst beliebt, die an Burg- und Schlossarchitektur, aber auch an die italienische Renaissance anknüpften. Balkone, Veranden und Loggien öffneten die Häuser nach außen. Das Fachwerk verleihe den Häusern eine „rustikale Note“, schreibt der frühere Stadtarchivar Bertold Picard in seiner „Geschichte in Eppstein“ von 1995. Darin beschreibt er einige Häuser des sogenannten Villenkranzes, die sich an den Hängen rund um Eppstein erheben. Etliche wurden von reichen Großstädtern gebaut, die sich im Taunus einen Landsitz bauten.
Die Villa Laux entspricht im Stil ganz diesen Gebäuden, schließlich beauftragte Bauherr Jakob Ickstadt den Eppsteiner Architekten Carl Wilhelm Plöcker, der einige andere Villen in Eppstein und auch das Alte Rathaus plante, das heutige Verlagshaus der Eppsteiner Zeitung. Sein künftiges Heim ließ der ehemalige Ölmühlen-Wirt mit allem erdenklichen Komfort ausstatten. Vermutlich ließ er einen Speisenaufzug einbauen. Aber schon 1912 wurde die Villa verkauft.
Ein möglicher Grund für den frühen Verkauf ist laut Bertold Picard, der 2011 für das Jahrbuch des Main-Taunus-Kreises einen Beitrag über „die Ölmühle in Eppstein“ schrieb, Jakob Ickstadts Tod im Jahr 1903. Käufer war Hofrat Reinhard Laux. Er war großherzoglicher Schatullenverwalter in Wiesbaden und wohnte in einem kleinen Haus in der Staufenstraße. Nun zog er samt Familie mit vier Töchtern und einem Sohn dort ein. Anstelle des Speisenaufzugs ließen seine Erben, die „Geschwister Laux“, wie eine Bauakte von 1931/1932 verrät, einen Personenlift einbauen. Gebaut wurde der Aufzug vermutlich für eine der Töchter, Elisabeth Laux, die dort bis 1932 lebte. Heute wird der Aufzug längst nicht mehr genutzt. „Die Aufzugskabine steht im Keller“, so Schmitt, „der Motor liegt ausrangiert auf dem Dach.“
Danach zogen unterschiedliche Mieter ein. Erst 1962 übernahm mit Otto Laux wieder ein Nachfahre des Hofrats die Villa. Er kannte das Haus schon aus seiner Kindheit. Der Architekt wohnte weit über 50 Jahre in dem Haus und hat viele Reparaturen selbst gemacht, aber die ursprüngliche Bausubstanz weitgehend unverändert belassen. Bevor Familie Schmitt einzog, stand die Villa einige Jahre leer.
Nun haben sie schon die nächsten Arbeiten im Blick: Das Dach der verglasten Loggia muss repariert, das Fachwerk abgeschliffen und neu gestrichen und der Bodenbelag erneuert werden. Im Hausflur wartet ein altes Holzfenster mit einem rostfleckigen Bogenfenster aus Eisen auf seine Sanierung.
In dem rund 300 Quadratmeter großen Haus gibt es noch viel zu tun. „Aber wir sind jedes Mal froh, wenn wir wieder ein kleines Stück weiter sind“, sagt Schmitt. bpa



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