Rechnungshof: „Sparen und Gebühren erhöhen“

Dramatisches Wolkenspiel über dem Staufen und der Burgstadt – Sonnenuntergang in Eppstein.Foto: Ulrich Häfner

Dramatisches Wolkenspiel über dem Staufen und der Burgstadt – Sonnenuntergang in Eppstein.Foto: Ulrich Häfner

Eppsteins Haushalt ist überdurchschnittlich belastet durch Abschreibungen und hohe Kreditraten für vorausgegangene Investitionen, erklärte Eva Goldbach vom Landesrechnungshof bei der Bürgerversammlung zu den städtischen Finanzen am Dienstag voriger Woche im Blauen Saal im Rathaus I.

Mit rund 70 Gästen war die Veranstaltung zu Beginn der Sommerferien recht gut besucht.

Der Rechnungshof sieht das Straßennetz als möglichen Defizittreiber: 234 Euro gebe die Stadt 2025 pro Einwohner für seine Verkehrsflächen aus, andere vergleichbare Kommunen im Durchschnitt nur 113. Über 2,2 Millionen Euro sollten 2025 für Straßen und Brücken ausgegeben werden. Kämmerin Sabine Bergold führte nach der Veranstaltung aus, dass der Abriss der Fußgängerbrücke als einmalige Ausgabe mit 400 000 Euro auch in diese Kosten einfließe.

Aber auch bei den verhältnismäßig hohen Abschreibungen treiben Eppsteins Straßen die Summe in die Höhe: Deren Zustand und Länge wurden bei der Umstellung der städtischen Buchführung 2007 auf die doppische Haushaltführung, mit Hilfe eines Computerprogramms gemessen und bewertet und vergleichsweise hoch angesetzt. Das wirke sich bis heute auf die hohe jährliche Abschreibungssumme von 3,7 Millionen Euro aus, die nicht gekürzt werden könne, sagte Kämmerin Sabine Bergold nach der Veranstaltung. Anders als bei den Investitionskrediten fließt bei den Abschreibungen kein Geld, die Stadt muss die Summe dennoch erwirtschaften. So will es das Gesetz.

Hinzu komme, dass Eppstein, anders als viele andere Kommunen, in den wirtschaftlich guten Jahren, keine Rücklagen aufbauen konnte, weil es keine Überschüsse zu verbuchen gab.

Finanzlage: Mehrfachstrukturen infrage stellen – Bürger reden mit

Die fehlen jetzt, um eventuelle Einnahmerückgänge auszugleichen.

Da Eppstein für das laufende Jahr keinen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen kann, hat es die Hilfe der Kommunalen Beratungs- und Unterstützungsstelle des Landesrechnungshofs in Anspruch genommen. Die hat Eppsteins Haushaltszahlen, Verwaltungs- und Stadtstruktur unter die Lupe genommen und präsentierte ihre Ergebnisse bei der Bürgerversammlung. Höhere Grund- und Gewerbesteuern werden in diesem Papier als „Ultima Ratio“, also als letztes Mittel aufgeführt, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, Goldbach räumte in ihrem Vortrag aber auch ein, dass sich bei Gewerbe- und Grundsteuer die größten Ertragspotenziale erwirtschaften ließen. Die Finanzkraft der Eppsteiner Bürger sei überdurchschnittlich hoch, was aus dem Einkommensteueranteil abzulesen sei.

Die Rechnungshüter nahmen Eppsteins Einnahmen und Ausgaben unter die Lupe: 2,7 Millionen Euro fehlen im ordentlichen Ergebnis für 2024, 2,6 Millionen werden für 2025 prognostiziert, bis 2028 summiert sich der Fehlbedarf auf 8,8 Millionen Euro, wenn die Stadt nicht gegensteuert. Im Vergleich mit 16 anderen hessischen Kommunen ähnlicher Größe hat Eppstein mit Abstand die größten Geldschulden. Als Ursachen nennt der Rechnungshof aktuelle Investitionen in Kinderbetreuungseinrichtungen und Feuerwehr, eine geplante Photovoltaikanlage am Bahnhof, die Anschaffung von Fahrzeugen – hinzu kommen Kreditraten für Investitionen aus den vergangenen 30 Jahren, denn so lange läuft in etwa ein kommunaler Kredit.

Bei den freiwilligen Aufgaben stehe Eppstein deutlich besser da, mit einem „unterdurchschnittlichen Defizit“ in der Vergleichsgruppe. Dennoch gebe es besonders hohe Unterhaltungs-Kosten bei Spiel-, Sportplätzen und den Bürgerhäusern, die zur freiwilligen Infrastruktur zählen. Dort sieht der Rechnungshof Möglichkeiten bei der Gebührenordnung für öffentliche Einrichtungen, die zuletzt 2012 festgesetzt wurden. Eva Goldbach empfahl der Stadt in ihrem Vortrag, die Gebührensatzungen in deutlich kürzeren Abständen zu überarbeiten.

Bei der Personalentwicklung in der Verwaltung solle Eppstein im Blick behalten, dass 44 Prozent der Mitarbeiter in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehe. Mit knapp 70 Vollzeitstellen stehe Eppstein auf der Liste im unteren Drittel zwischen Hadamar mit 55 Verwaltungsstellen und Bebra mit 90. Dennoch stellte der Rechnungshof bei den Kosten für die Innere Verwaltung ein „überdurchschnittliches Defizit“ fest. Sie setzen sich aus den Verbrauchskosten für Bauhof, Immobilienmanagement und andere Sach- und Dienstleistungen zusammen. Der Rechnungshof empfiehlt, die Organisationsstruktur im Rathaus zu prüfen und in den kommenden Jahren nach weiteren Möglichkeiten der Interkommunalen Zusammenarbeit zu suchen, etwa in der Personal- und Finanzverwaltung, bei Ordnungsverwaltung, Bauhof oder Feuerwehr.

Mit einer Fläche von gut 24 Quadratkilometern sei Eppstein im Vergleich zu den anderen Vergleichskommunen eher klein, der Rechnungshof sieht also keinen erhöhten Bedarf für eine dezentrale Infrastruktur. Die Kosten für fünf Feuerwehrstandorte bezifferte sie auf rund 1,2 Millionen Euro. Die Gebühren für Brandsicherheitsdienste und Hilfeleistungen seien im interkommunalen Vergleich eher niedrig. Kurzfristig könne die Stadt die Gebühren anpassen, wichtiger sei es jedoch, beim Aufwand zu sparen.

Auch Sabine Bergold hatte in ihrer Haushaltsrede darauf hingewiesen, dass Mehrfachstrukturen infrage gestellt werden müssten. Konkrete Vorschläge gibt es dazu bislang noch nicht. Sie würden ohnehin kurzfristig nichts ausrichten. Schnelleren Erfolg erziele die Stadt, so Goldbach, wenn sie die Spielapparatesteuer auf den gesetzlich möglichen Höchstsatz von 25 Prozent erhöhen würde. Das brächte zusätzlich zu den veranschlagten 330 000 Euro weitere 120 000 in die Stadtkasse. Bei der Hundesteuer habe die Stadt bereits reagiert und sie zum 1. Januar 2025 erhöht. Für die Erhöhung der Grundsteuer gab es bislang keine politische Mehrheit.

Bei den Kinderbetreuungskosten empfiehlt der Rechnungshof, zu prüfen, ob die langen Öffnungszeiten tatsächlich genutzt werden. Die höchsten Kosten entstünden in den Randzeiten, wenn Personal für wenige Kinder bereitgestellt werde.

Bergold kündigte an, die Bürger an der Diskussion um die Finanzen zu beteiligen. Auf der Internetseite der Stadt wird unter dem Stichpunkt „Aktuelles“ das Dokument des Rechnungshofes bereitgestellt. Außerdem bereitet die Stadt auf ihrer Webseite ein digitales Beteiligungsportal vor. In der neu gebildeten Arbeitsgruppe mit Mitgliedern aller Fraktionen und der Verwaltung werde darüber diskutiert, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden könne, um ein Haushaltssicherungskonzept zu erstellen. Nebenbei arbeitet die Kämmerei bereits am Haushalt 2026. bpa

Weitere Artikelbilder:

Kommentare

Anmelden oder Registrieren um Kommentare zu schreiben


X