Ohne diese Anpassung, so der Rathauschef, werde es nicht gelingen, weiterhin alle öffentlichen Einrichtungen aufrecht zu erhalten. Die Stadt müsse immer tiefer in die Tasche greifen. Die Preise für Strom, Gas und Versicherungen seien deutlich gestiegen – wie bei den Privathaushalten. Gleichzeitig habe die Stadt schon im zweiten Jahr mit Rückgängen bei der Gewerbesteuer zu kämpfen. Die Einbringung des Haushaltsplans wurde bereits verschoben. Ungewöhnlich spät, erst Ende Januar beginnen die Haushaltsberatungen in den Gremien. Bislang sei noch immer alles gut gegangen, sagte Simon, „aber uns schwant, dass dies für die Zukunft nicht mehr gilt“. Aber er mag sich Eppstein ohne Vereinsförderungen, ohne Unterstützung der Musikschule, ohne kostenfreie Nutzung der öffentlichen Räume, ohne Burgfestspiele, Weihnachtsmarkt oder Adventsfenster nicht vorstellen. „Das ist nicht die Stadt, in der ich Bürgermeister sein möchte“, sagte Simon und kündigte intensive Haushaltsberatungen an. „Wir werden Ihnen leider einiges zumuten.“ Das gehe nicht auf eigene Versäumnisse der Stadt zurück, betonte Simon: „Alle Kommunen bekommen dies zu spüren.“
Aber nicht nur Hiobsbotschaften hatte der Rathauschef zu verkünden, sondern auch einige Erfolgsmeldungen. Den Wechsel vom städtischen Bürgerbus zum Colibri-Shuttle des MTV wertete Simon als Erfolg und warb für die Buchung per App. Auch der Blumenschmuck im Stadtgebiet sei gesichert: Der Verschönerungsverein will künftig die Kosten für die Pflanzen übernehmen. „Eine kleine Unterstützung, die aber das Stadtbild erheblich beeinflusst“, betonte Simon.
Auch bei den Radwegprojekten gibt es Neues. Die Stadt hat im Auftrag von Hessen Mobil die Planung für die Verbindung Eppstein-Bremthal und Bremthal-Wildsachsen übernommen und treibe sie „mit der notwendigen Intensität voran“. Richtung Wildsachsen stehe die Vorzugstrasse bereits fest, Mitte des Jahres werden die Pläne vorgelegt. Auch für die Strecke nach Bremthal gebe es bereits Vorplanungen.
Wenig begeistert sei die Stadt von der geplanten Sanierung der Bundesstraße 455. Hessen Mobil will die Straße dafür voll sperren – aus Sicht der Stadt ist dazu das letzte Wort noch nicht gesagt.
Auch bei den Plänen für die beiden Gleichstromtrassen, „Ultranet“ und „Rhein-Main-Link“ müsse Eppstein weiterhin in Hab-Acht-Stellung bleiben und dabei „auch Ihre Interessen wahrnehmen“, so Simon. Bei der Nachnutzung der ehemaligen Sparkassenakademie gelte es, „das Gesamtgefüge im Blick“ zu behalten.
Im Rückblick auf 2024 zeigte sich Simon zufrieden: „Wir haben vieles gemeinsam schaffen können“, sagte er mit Blick auf das Landesprogramm Innenstadt, von dem etliche private Hauseigentümer, Vereine und auch die Stadt profitieren.
Engagement für die guten und schönen Dinge hält zusammen
Eine digitale Lauschtour sei installiert und der Spielplatz unterhalb der Burg neu gestaltet worden. Ebenfalls in der Wooganlage entstand eine neue Boulebahn. TSG Eppstein und Lions Club sammelten dafür die Mittel. Neue Markthütten und Absperrgitter für Veranstaltungen wurden angeschafft. Als letztes Projekt werden demnächst sechs große Schirme für den Gottfriedplatz aufgestellt, zählte Simon auf.
Die kostenlose Energieberatung wurde gut angenommen. 80 Hauseigentümer erhielten eine Erstberatung. Dieses Jahr wird das Projekt wiederholt. Dazu passend ist die Stelle für Klimaschutzmanagement seit September besetzt, das neue Klimaschutzkonzept sei in Arbeit, ebenso der gemeinsame Windpark mit den Kommunen Idstein und Niedernhausen. In der Niedernhausener Gemarkung besitzt die Stadt eine Windvorrangfläche für zwei bis drei Windräder. Bis zum Sommer wird ein Projektentwickler beauftragt.
Gemeinsam mit jugendlichen Radfahrern wurde der neue Bikepark in Vockenhausen geplant und umgesetzt. Beim Bau des Kindergartens An der Embsmühle gehe es voran. Der Multifunktionsplatz, ein Parkplatz und die Erschließungsstraße sind fertig. Demnächst wird die Bodenplatte für die neue, sieben Gruppen fassende Tagesstätte gegossen.
Sein besonderer Dank galt den vielen Ehrenamtlichen. Exemplarisch begrüßte der Bürgermeister die Jubiläumsvereine 2025, allen voran den Gesangverein Liederkranz, der sein 150-jähriges Bestehen mit einem Festwochenende im Juni feiert und den Neujahrsempfang musikalisch gestaltete. Simon gratulierte Brigitte Jopp zum 25-jährigen Bestehen des Heimat- und Geschichtsvereins Bremthal, GCC-Chefin Karin Dostal, die begleitet von Ehemann Anton und seiner Drehorgel zur Bühne ging, zum närrischen GCC-Jubiläum 4 mal 11 Jahre und beglückwünschte Stephan Bratz und Christopher Holst vom MSC Ehlhalten. Der Verein blickt auf 65 Jahre zurück.
Unter den Zuschauern saß auch der Bremthaler Richard Kaus – nicht nur weil Ehefrau Brigitte beim Liederkranz mitsingt: Dem Gesangverein gehört der 77-Jährige seit seinem 15. Lebensjahr an führte ihn später 15 Jahre lang als Vorsitzender. Als Gründungsmitglied und langjähriger Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Bremthal war Kaus einer der Initiatoren des Bremthaler Heimatmuseums.
Andrea Sehr übernahm als Stadtverordnetenvorsteherin die Begrüßung – Die erste Bürgerin der Stadt gestand nach ihrer Neujahrsansprache, dass es ihr dieses Jahr nicht leicht gefallen sei, die richtigen Worte zu finden. So habe sie sich vom neuen Frauenchor „Melomanie“ des Liederkranz inspirieren lassen, der zum Auftakt des Neujahrsempfangs Johannes Oerdings „An guten Tagen“ vortrug. Sehr zitierte einige Liedzeilen und verknüpfte sie mit ihren Gedanken, etwa zur Schnelllebigkeit und Informationsflut. Sie plädierte für Innehalten und miteinander offen ins Gespräch zu kommen. Denn der gesellschaftliche Zusammenhalt, Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen und der Gedankenaustausch seien „der Kitt, der Individuen zusammenhält“ zitierte sie den Präsidenten des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf.
Die Demokratie brauche also Begegnungen und Konsens stellte sie fest und wies darauf hin, dass die Stadt im vergangenen Jahr etliche Gesprächstermine und Informationsveranstaltungen für ihre Bürgerinnen und Bürger angeboten habe. Insbesondere die Städtebauseminare zu den Dorfentwicklungskonzepten in Niederjosbach, Bremthal und Vockenhausen seien gute Möglichkeiten, in den Gedankenaustausch zu treten, sagte Sehr: „Ich bin mir sicher, dass wir so einer versuchten Spaltung unserer Gesellschaft entgegen treten können.“
Den Eppsteinern bescheinigte sie, „dass sie diesen ganz besonderen Anker haben: Wir sind, auch über Vereine und Institutionen hinaus verwurzelt in einem bunten gesellschaftlichen Leben voller Engagement für die guten und schönen Dinge.“ Das halte die Gesellschaft zusammen. Auch in den Eppsteiner Gremien sehe sie, wie gut die Zusammenarbeit über alle Fraktionen hinweg funktionieren könne. In allen wirklich wichtigen Fragen sei Konsens möglich. Das sei auch eine Frage des Politikstils und des respektvollen Umgangs miteinander.
Sehr sieht große Herausforderungen für die Stadtgesellschaft. Der Haushalt bereite nicht nur der Kämmerin Sorgen: „Woher soll das Geld kommen, wenn Gewerbesteuern wegbrechen, unausweichliche Kostensteigerungen zu verbuchen sind und letztlich mehr Aufwand auf uns als Stadt zukommt?“ Gefragt seien kluge, konstruktive Ideen und Diskussionen, forderte sie die Eppsteiner auf, sich daran zu beteiligen. bpa
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