Da wartete Heinz Reinisch auf dem Wochenmarkt geduldig, bis sein Gast, Deutschlehrer Emanuel, sich vom Bahnhof meldete, denn als Berufstätiger trat der Franzose die Reise erst am Samstagmorgen an, genoss dann aber die kurze Zeit in Deutschland.
Zum ersten Mal zu Besuch in Eppstein waren die Schwestern Bernadette Le Bihan und Chantal De l’hommeau. Die Tage seien einfach „merveilleux“ lobten sie am Samstagabend beim gemeinsamen Abendessen im Bürgersaal immer wieder. Ihre Gastgeber Horst und Sieglinde Kilb aus Ehlhalten hingegen kennen Eppsteins Partnerstadt Langeais seit 40 Jahren: Noch vor der offiziellen Verschwisterungsfeier 1986 gab es die ersten Besuche und Gegenbesuche. In Ehlhalten war damals der MSC sehr aktiv. Zur offiziellen Verschwisterungsfeier in Langeais fuhr das Ehepaar damals ebenfalls. Mit einigen Franzosen verbinde sie seitdem eine langjährige Freundschaft, einige Beziehungen kamen später hinzu. Deshalb habe sie der überraschende Tod ihrer Freunde Yves Peborde und Paul Martin in diesem Jahr sehr getroffen, erzählt Sieglinde Kilb.
Ihr Sohn Achim habe seine Eltern darin bestärkt, sich dennoch weiter bei Europart als Gastgeber anzubieten. So kam der neue Kontakt zu den beiden Schwestern zustande. „Und wir haben es keine Minute bereut“, waren sich alle fünf am Samstagabend einig. Besonders beeindruckt habe sie der Ausflug am Samstag nach Frankfurt, erzählt Bernadette Le Bihan. Den Sonntag nutzten Kilbs, um ihren französischen Gästen die Burg, den Taunus und die Fachwerkstadt Idstein zu zeigen – und einfach Zeit miteinander zu verbringen. Für Sieglinde Kilb war der Kontakt nach Langeais und zu Freunden in England seinerzeit Ansporn, ihr Schulfranzösisch und -englisch in etlichen Sprachkursen zu verbessern. „Sprachen waren schon immer mein Hobby“, sagte sie.
Zu den langjährigen Freunden zählen Franz und Sylvia Fluch auch Sheila Skinner, langjährige Vorsitzende der Kenilworth Twinning Association. Seit über 30 Jahren besuche man sich gegenseitig. Auch Martin Beckett aus Kenilworth fährt seit über 20 Jahren regelmäßig mit nach Eppstein. Als Mitglied der Bahai Glaubensgemeinschaft besuchte er damals Langenhain und war 1990 sofort für die Partnerschaft mit Eppstein. Er sehe diese Freundschaft auch im Zeichen der langjährigen Friedenstradition von Coventry, sagte Beckett. Coventry, die nächst größere Stadt zu Kenilworth, stehe für das Nagelkreuz, ein christliches Symbol aus der bei einem Bombenangriff 1940 zerstörten Kathedrale von Coventry, das die Idee der völkerweiten Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg in die Welt hinaus trug.
Auf fast 40 Jahre gemeinsame Erinnerungen blicken auch Gesche Wasserstraß und Bernadette und Arsène Loiseau zurück.
Auf die langjährige Freundschaft wies auch der Vorsitzende der Twinning Association, Paul Smith, in seiner Ansprache hin und sagte, dass es nach dem Brexit noch wichtiger sei, in Kontakt zu bleiben und lud deshalb die deutschen und ihre französischen Städtepartner zu einem Besuch im Frühjahr nach Kenilworth ein, noch vor der großen für 2026 geplanten 40-Jahr-Feier der Partnerschaft zwischen Eppstein und Langeais an der Loire. Elizabeth Auger, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins von Langeais, warb am Samstagabend schon für das „große Spektakel“ vom 9. bis 13. Juli in Langeais und setzte hinzu: Sie hoffe, „dass viele unsere schöne Touraine kennenlernen wollen“. Bürgermeister Alexander Simon nannte die Städtepartnerschaften eine der größten Friedensbewegungen Europas, aktuell sei die Vernetzung der Städte Europas untereinander so wichtig wie noch nie.
Europart-Vorsitzender Jörg Müller freute sich am Wochenende über vier neue Besucherinnen aus Langeais und einige neue Eppsteiner Gastfamilien, die zum ersten Mal Besuch aus den Partnerstädten aufnahmen. Insgesamt kamen fünf Gäste aus Kenilworth und 19 aus Frankreich. Er dankte einigen ukrainischen Frauen, die den Service am Buffet und in der Küche übernahmen. Sie kamen vor einigen Jahren als Flüchtlinge nach Deutschland und erwiesen sich auf diese Weise für die gute Aufnahme erkenntlich.
Musikschullehrer Winfried Turowski übernahm am Piano das Unterhaltungsprogramm. Er spielte jede Menge bekannte Lieder. „Auf ein festes Unterhaltungsprogramm haben wir auf vielfachen Wunsch heute Abend verzichtet“, sagte Müller, „damit Zeit für Gespräche bleibt.“
Zeit für Kultur und Muße hatten die Gäste und ihre Gastgeber am Sonntagvormittag in der Musikschule: Fünf Eppsteiner Künstlerin stellen dort neue Aquarelle, Acryl- und Ölgemälde aus. Harfenlehrerin Vera Meusel und ihre Schülerin Sophie Grebner begeisterten die Besucher mit ihrem zauberhaften Spiel. bpa
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