Seitdem müssen die Bewohner in Haus 1 bis in den achten, in Haus 2 sogar bis in den zehnten Stock zu Fuß gehen. Vor allem für die älteren Bewohnerinnen und Bewohner eine Zumutung. Viele sind empört. Der Unmut ist groß. In unserer Redaktion haben sich besorgte Bekannte und Nachbarn gemeldet, um darauf hinzuweisen, dass dort anscheinend ein Problem verschleppt werde.
Wir haben die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) um Stellung gebeten und erhielten eine gemeinsame Erklärung von der WEG und der neuen Verwaltungsgesellschaft Industria Immobilien in Frankfurt. Beide versichern, dass sie seit Monaten nach Lösungen suchen. Das Problem sei verschleppt worden, allerdings nicht von den jetzigen Akteuren, sondern von früheren Verwaltungsgesellschaften.
Instandsetzen lassen sich die veralteten Aufzüge nicht mehr. Das steht laut WEG fest. Eigentlich sollten schon längst neue Aufzüge eingebaut werden, das sei jedoch wegen der Untätigkeit der früheren Verwalter nicht zustande gekommen. Zweimal habe man in den vergangenen Jahren Verwaltungen wechseln müssen, sagt eine der Wohnungseigentümerinnen. Durch diesen Wechsel und fehlende Leistungen der früheren Verwalter verzögerte sich die geplante Aufzugssanierung. Das erkläre auch den scheinbaren Stillstand, betont die WEG.
Schon vor über einem Jahr hätten Gespräche mit der neuen Verwaltungsfirma stattgefunden. Gleichzeitig mit der Aufzugssanierung stehe auch die Brandschutzsanierung an, die bei der Aufzugssanierung eine wichtige Rolle spiele. Mehrere Angebote für neue Aufzüge wurden vom beauftragten Architekten eingeholt. Die Eigentümergemeinschaft entschied sich für einen neuen Aufzugsbauer. Der bisherige war weiterhin für die Wartung der alten Aufzüge zuständig und wies im November noch einmal darauf hin, dass die Lebensdauer der Aufzüge erreicht sei. Seit Februar stehen zwei von drei still, weil ein sicherer Betrieb nicht mehr gewährleistet sei.
Dann stellte sich heraus, dass die alten Aufzüge nicht einfach durch neue ersetzt werden können. Denn die Aufzüge aus den 1970er Jahren entsprechen nicht mehr heutigen Baunormen. Kabinen und Türen sind deutlich kleiner als bei modernen Aufzügen. Eine Baugenehmigung wurde erforderlich. Die wurde vom zuständigen Kreis-Bauamt nicht erteilt, mit der Begründung, die Kabine sei zu klein, um eine moderne Rettungstrage aufzunehmen.
Eine Kabine, die der Vorschrift entspricht, könnte nur eingebaut werden, wenn auf Brandschutz verzichtet würde. Verhandlungen mit dem Bauamt folgten. Architekt und Bauamt einigten sich schließlich darauf, dass die maximal technisch mögliche Kabinengröße eingesetzt wird, also eine Sonderanfertigung. Deshalb konnte der Aufzugsbauer erst mit der Fertigung anfangen, als die Baugenehmigung schriftlich vorlag. Hinzu komme, dass die Sonderanfertigung länger dauert, schon wegen längerer Lieferfristen für das Material. Der Aufzugsbauer signalisierte, dass er davon ausgeht, im Spätsommer mit dem Einbau zu beginnen.
Unmittelbar nach der Stilllegung der Aufzüge hätten Beirat und Verwaltung sich zu mehreren Krisensitzungen getroffen und einige Erleichterungen vorgenommen, teilte die WEG mit. So wurden Keller entrümpelt, damit Familien dort Kinderwagen abstellen können. Patenschaften wurden angeregt, die Bewohner für ältere und hilfsbedürftige Menschen übernahmen.
„Die Verkettung von Stilllegung, Diskussion um Baugenehmigung, Sonderanfertigung mit entsprechenden Lieferzeiten haben leider den schlimmstmöglichen Verlauf genommen“, fasst Beiratsvorsitzende Frauke Frerichs-Gundt die in den vergangenen Monaten geführten Gespräche und Verhandlungen zusammen und betont: „Das Thema hat unsere höchste Priorität, denn wir sind uns alle der Dramatik der Lage bewusst und können die Verzweiflung verstehen. Leider haben wir nicht auf alle Gegebenheiten Einfluss“. Auch die Verwaltungsgesellschaft nahm Stellung: „Wir setzen alles daran, die neue Aufzugsanlage so schnell wie möglich in Betrieb zu nehmen.“EZ
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