Demokratie heißt Vielfalt

Gut 200 Menschen kamen zur Kundgebung „Für Demokratie“ des Asylkreises vor dem Rathaus Vockenhausen.Foto: Julia Palmert

Gut 200 Menschen kamen zur Kundgebung „Für Demokratie“ des Asylkreises vor dem Rathaus Vockenhausen.Foto: Julia Palmert

Die Redner der Kundgebung für Demokratie am Samstag in Eppstein standen noch ganz unter dem Eindruck des Anschlags von München auf eine Gewerkschaftsdemonstration wenige Tage zuvor und waren sich dennoch darin einig, dass nur in Freiheit und Gleichberechtigung die Menschenrechte gewahrt werden.

So sprachen die Redner auf dem Platz vor dem Rathaus Vockenhausen nicht über Grenzen, Barrieren oder Brandmauern, sondern formulierten positive Ziele.

Mit ihren flammenden Plädoyers für Demokratie und Zusammenhalt beeindruckten vier Jugendliche der Freiherr-vom-Stein-Schule die über 200 Demonstrationsteilnehmer. Die Zehntklässler sprachen zum Abschluss der Veranstaltung, jeder über einen anderen Aspekt der Demokratie.

So formulierte Mark: Gerade jetzt sei der Zusammenhalt wichtig, aber der beste Teil an der Demokratie sei die Diskussion: Andere Meinungen hören und tolerieren. Demokratie bedeute auch Vielfalt, setzte Mitschülerin Anna den Diskurs fort und erklärte: „Vielfalt ist unsere Stärke. Das erleben wir jeden Tag in der Schule“. Denn zumindest in der Schule sind alle gesellschaftlichen Gruppen vertreten. Der Schulalltag funktioniere nur, wenn Vielfalt akzeptiert und respektiert werde, rückten die vier Jugendlichen ein Vereinsziel des Veranstalters der Kundgebung, des Asylkreises, in den Fokus.

Der Verein kümmert sich seit zehn Jahren um Flüchtlinge aus unterschiedlichsten Ländern, hat hunderte von Asylbewerbern begleitet und betreut und organisierte schon vor einem Jahr die Kundgebung „Wir sind bunt“ in Eppstein für eine vielfältige Gesellschaft.

Vereinsvorsitzender Volker Pottmann war sehr beeindruckt von den Redebeiträgen der Jugendlichen, stellte aber auch fest, dass nur wenige junge Menschen zur Kundgebung gekommen waren.

Für Respekt und Menschenwürde

Dennoch war Volker Pottmann zufrieden. Mit 200 Teilnehmern hatten die Veranstalter gerechnet, ein paar mehr dürften gekommen sein. Sie waren gut vorbereitet, trotzten mit Mützen, Handschuhen und warmen Schuhen der Kälte, und hielten Transparente in die Höhe, die eine Woche vor der Bundestagswahl dafür warben, demokratische Parteien zu wählen.

Deutschland habe eine lange, leidvolle Geschichte und müsse nicht von Demagogen belehrt werden, wie Demokratie funktioniere, nahm etwa Pottmann Bezug auf Äußerungen der neuen US-Regierung bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

Stadtverordnetenvorsteherin Andrea Sehr appellierte an ihre Mitbürger: Neben dem Respekt für den anderen sei es wichtig, zu zeigen, wofür man steht. „Wir müssen neugierig aufeinander bleiben und miteinander ins Gespräch kommen, mit Freunden, wenn Sie am Bahnhof auf die S-Bahn warten und auch zwischen den Generationen. Bleiben Sie diskussionsfreudig“, rief sie.

Die Pfarrerin der Talkirchengemeinde, Heike Schuffenhauer, warnte ganz konkret, die Zunahme nationalistischer Tendenzen gefährde die Demokratie und die Freiheit. Deutschland habe mit dem Nationalsozialismus schon einmal erlebt, wohin Machtwahn und Menschenverachtung führen. Es dürfe nicht dazu kommen, dass Menschen wie Eier in Güteklassen eingeteilt oder aussortiert werden.“ Auch unter Flüchtlingen gebe es „schwarze Schafe“, aber deshalb dürfe man nicht alle über einen Kamm scheren und Ängste schüren oder gar das Asylrecht aushebeln.

Andrea Henrich von der katholischen Pfarrei warnte vor einer Polarisierung in der Gesellschaft und forderte die Menschen auf: „Sie haben die freie Wahl.“ Für Beleidigungen, Lügen und Verleumdungen gebe es keinen Platz und „wir dürfen uns nicht einreden lassen, dass es für komplexe Probleme einfache Lösungen gibt.“

Mit klammen Fingern stimmte der Gitarrist Stefan Varga mit Sängerin Patricia Lieder von Rio Reiser, Wolf Biermann und Patty Smith an und lockerte die Versammlung auf.

Auch Ivonne Heinrich, die neue Pfarrerin der Emmausgemeinde, folgte der Einladung und brachte eine Rose mit als Symbol für die Liebe und dafür, dass Menschen täglich aufeinander zugehen und miteinander in Beziehung kommen sollten.

In diesem Sinne forderte Veranstalter Volker Pottmann die Teilnehmer auf: „Sprechen Sie darüber“ und zitierte den russischen Regimekritiker Alexei Nawalny einen Tag nach dessen erstem Todestag: „Die Herrschaft des Bösen gelingt nur, wenn die Guten nichts dagegen tun.“ bpa

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