Ausflug in blühende Oasen und heimische Pflanzenparadiese

Ulrike Herrmann fühlt sich mit ihren Enkelkindern sichtlich wohl im Gartenparadies von Familie Alberts.Foto: Caren Lewinsky

Ulrike Herrmann fühlt sich mit ihren Enkelkindern sichtlich wohl im Gartenparadies von Familie Alberts.Foto: Caren Lewinsky

Dank einer Initiative des BUND Eppstein öffneten sich am vergangenen Wochenende die Türen zu naturnahen Gärten. Die Besucher hatten die seltene Möglichkeit, wunderschön gestaltete private Gärten zu besichtigen und gleichzeitig Kunstwerke örtlicher Künstler zu genießen.

So entdeckten Besucher einen Garten in der Lindenkopfstraße in Ehlhalten erst nachdem sie eine Garage durchquert und eine Treppe hinabgestiegen waren, deren Geländer von Weinranken umschlungen waren. Ein üppiges Idyll aus Blüten, Kirschbaum, Schwertlilien und Nutzpflanzen lud dort zum Verweilen ein. Eine ähnliche Aktion in Okriftel vor einigen Jahren war Vorbild für die offenen Gärten in Eppstein, erzählte BUND-Mitglied Karin Hartmann und wie sie den Ortsverband für diese Idee begeisterte, der wiederum die Gesellschaft für Digitale Fotografie und den Künstlertreff mit ins Boot holte.

Dieses Jahr konnten Gartenliebhaber in Ehlhalten bei den Hartmanns nicht nur den herrlichen Garten bewundern, sondern auch eingemachte Köstlichkeiten wie Suppen, Liköre und liebevoll gestaltete Präsente mit Serviettentechnik oder Karten von Bärbel Vogel erstehen. Wolfgang Hartmann erzählte begeistert von den Glühwürmchen, die im Spätsommer in ihrem artenreichen Garten zu sehen seien.

Ein paar Häuser weiter lockte ein Teich vor dem Haus, mit Seerosenblättern darin, die Besucher an. Der Garten selbst war in sattem Grün, der kurz gemähte Rasen von wenigen Farnen und Rhododendren gesäumt. Nicht gerade das perfekte Insektenparadies, dennoch lockten dort die Kunstwerke Besucher an: Fotograf Walter Adler lud zum Bestaunen seiner experimentellen Fotografien ein. Werke auf gebürstetem Holz, Seide oder Büttenpapier nebst gängigem Fotopapier schmückten den Clubraum der von ihm gegründeten Gesellschaft Digitale Fotografie. Unter https://adler-photoart.de kann man seine Profiwerke, Unterwasser-, Architektur- und Naturimpressionen von seinen Fotoreisen bestaunen.

Familie Bach auf dem Bienroth bot Entspannung mit Tieren und Genuss. Mutter Natalie lud ein Wochenende zuvor zur Neueröffnung ihrer „Eppstein Farm“ in Niederjosbach ein (die Eppsteiner Zeitung berichtete). Diesmal begrüßte sie Gäste auf ihrer heimischen Terrasse, bot Hängematte oder weich gepolsterte Bank zum Sitzen an, bei selbst gemachtem Zitronen-Rosmarin-Ingwer-Kuchen mit Holunderschorle.

Besucher Michael Richthammer war beeindruckt von der niedrigen Trockenmauer aus Naturstein um die Wiese herum und von den „dicht und versetzt gewachsenen Sträuchern und der heimischen, artenreichen Bepflanzung.“ Neben weißem Holunder blühte schwarzer mit rosa Blüten. Eine riesige Rhabarber-Staude zog den Blick auf sich, ebenso das gepflegte Kaninchengehege und das Wikingerschachspiel, mit dem sich die Kinder beschäftigten. Vier Jahre erst sei ihr Garten alt, berichtete Bach. Mit Geduld und Beobachtung erkenne man die Bedürfnisse der Pflanzen.

Im alten Wellbachweg entdeckten Gartenfreunde zwei weitere Anlagen: Katrin Steiner-Armes zeigte ihr gemütliches, artenreiches Gewächsreich mit Salbei, Bohnenkraut, Melisse, Currykraut, wucherndem Zitronen-Thymian, Liebstöckel und Borretsch. Wer eines der Plätzchen kosten wollte, bediente sich aus Gabriele Sutors selbstgefertigter Tonschale. Ihre Keramik-Kunstwerke hingen in Sträuchern und standen auf Tischen.

Nicole Decher hieß jeden Besucher im „Happy Place“, ihrer Oase, willkommen und ließ dabei ein Windspiel klimpern. Liebevoll gepflegtes Chaos aus mit Schmuck behangenen Pflanzen, abgestorbenen und dekorierten mystischen Ästen, weggeworfenen und von ihr geretteten Zuckerhutfichten. Eine mit Wasser und Schilf gefüllte Wanne lässt auf eine bald erblühende Seerose hoffen. Inmitten ihrer hübsch angeordneten Stühle, schwärmte sie von ihrem großen Liegestuhl, von dem aus sie sich, quasi mit einem Handgriff an ihrem Mirabellen-, Apfel-, Pfirsich- und Walnussbaum, wie im Schlaraffenland, bedienen könne. „Viele Kinder kamen heute und durften zu meinen fünf Kaninchen in den Stall, um sie zu füttern.“ Wer mochte, konnte kleine Steine bemalen und mitnehmen. Decher liebt den wilden Wuchs, „Hauptsache, die Wege bleiben frei.“ So gaben sich die Naturfreunde seit 14 Uhr die Klinke in die Hand und begegneten sich wiederholt in den anderen offenen Gärten der Stadt.

Am Sonntag begrüßten Steffen Dittmar und Martin Albers Ankömmlinge im Schulgarten der Freiherr-vom-Stein-Schule und erklärten, wie durch Rotation der Pflanzungen der Boden nährstoffreich bleibe. So wachsen im Schulgarten Mangold, Kohlrabi, Kartoffeln, Radieschen, Tomaten, Erbsen, Fenchel, Gurken, Romanasalat und Zucchini jedes Jahr in einer anderen Pflanzreihe. Während der Sommerferien übernehmen die Helfer des BUND das Gießen, damit die Pflanzen nicht vertrocknen. Mais, Kürbis und Frühlingszwiebeln benötigen am wenigsten Wasser.

Im alten Gewächshaus durfte die achtjährige Mara einen Rahmen halten, welcher mit dunkelbrauner Drohnenbrut und gelben Pollen gefüllt war. Sie lernte, dass die Bienen den Nektar für den hiesigen Fruchttracht­honig aus Kirsch-, Apfel-, Birnen-, Holunder-, Johannisbeer- und Rapsblüten gewinnen. Die kleinen Obstbäume am Gartenrand wurden 2008 gepflanzt, neue, in der Mitte des Gartens, kamen jüngst hinzu, sie sollen neben den Früchten vor allem Schatten spenden.

Anette Theimers Garten auf dem Wingertsberg blühte prächtig in allen Farben. In liebevoller Ordnung waren Zierpflanzen und Farne großzügig um einen Seerosenteich angeordnet. Beete und freiliegende Steine umsäumen den Garten und bieten Insekten Brutstätten. Michael Lässle stellte passend dazu Großaufnahmen von Insekten im Garten aus.

Familie Alberts bunt blühender Garten in der Müllerwies war gespickt mit kleinen Schildern, die Aufschriften trugen wie „Achtung wilde Hühner“, „Betreten auf eigene Gefahr, hier wache ich!“, mit einem Huhn darauf, „Vorsicht, vor dem umwerfenden Hund!“. Der grüne Garten ist von vielfältiger Blumenpracht umsäumt: Rosa Nelken, Pfingstrosen, Lupinen und orange-rotes Habichtskraut, von etlichen Sträuchern und Kräutern. Zwei Hühnerställe im hinteren Teil des Gartens boten Glucke Lotta und ihren freilaufenden Küken einen Rückzugsort. In einem Teich tummelten sich kleine schwarze Fische neben den letzten Kaulquappen. Die Hühnergesellschaft wanderte vertrauensselig zwischen Hund, Katze und Besuchern umher. Friederike Oppong berichtete, dass einige von Lottis Küken ein neues Zuhause auf Natalie Bachs „Eppstein Farm“ gefunden haben.

Die offenen Gärten waren nicht nur ein Genuss für die Sinne, sondern auch Beispiele für Nachhaltigkeit. Sie zeigten, wie jeder Einzelne dazu beitragen kann, und boten Informationen und Anregungen für den eigenen Garten. ccl

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