Mit der Modernisierung der Stellplatzsatzung der Stadt Eppstein (aktuell von 1995) wird absehbar für viele Jahre eine wesentliche Grundlage für die Gestaltung und Genehmigung von verschiedensten Bauvorhaben gelegt. Die Stellplatzsatzung kommt sehr oft zur Anwendung, nicht nur bei Neubauten (inzwischen ja eher selten), sondern bei allen genehmigungspflichtigen baulichen Änderungen wie Nutzungsänderungen (z.B. Einfamilienhaus zu Zwei- oder Mehrfamilienhaus oder umgekehrt), Aufstockungen, Einbau von Gauben, Teilung vorhandener Gebäude / Einheiten nach WEG usw.). Insofern dürften viele Eppsteiner – früher oder später – unmittelbar betroffen sein. Auch bei der Verfolgung der aktuellen städtebaulichen Ziele wäre es daher wünschenswert, dass die Satzung daher sowohl für die Bürger als auch für die Verwaltung praktisch handhabbar sein sollte und nicht de facto viele Vorhaben vereitelt (genehmigungstechnisch oder wirtschaftlich).
Beim mehr oder weniger ausgearbeiteten Durchspielen der Satzung an konkreten Grundstücken im Stadtgebiet (auch in der aktualisierten Entwurfsfassung vom 8. März) ergeben sich eine ganze Reihe von Interpretationsfragen. Gravierender erscheint es, dass viele denkbare Weiterentwicklungen (insbesondere „Umnutzung“ von bestehenden EFH zu Zwei- oder Mehrwohnungshäusern) schlicht und ausschließlich an der Stellplatzsatzung scheitern dürften, da auch bei erheblichem Aufwand eine Genehmigungsfähigkeit nicht erkennbar ist. Unter Berücksichtigung der Eppsteiner Gegebenheiten (viele Hanglagen, teilweise sehr ausgeprägt, überwiegend Wohnbebauung im Bestand) ist zu berücksichtigen, dass die Einzelregelungen gerade in ihrer Kombination – auch mit übergreifenden Vorschriften wie der HBO – eine Umsetzung erschweren.
Die folgenden Überlegungen beschränke ich mich auf die Wohnbebauung. Davon dürfte die Mehrzahl der Vorhaben betroffen sein, die anderen Bereiche (z.B. Gewerbe und Gastronomie, Anm. der Red.) haben noch individuellere Anforderungen.
An vielen Stellen wird über eine Einschränkung / Ersatz des Individualverkehrs nachgedacht, insbesondere auch wegen des damit verbundenen Ressourcenverbrauches. Der Entwurf errichtet im Gegensatz dazu ein Monument für den Individualverkehr – oder eher viele, viele Denkmäler dafür, auch bei maximal drei Pflicht-Stellplätzen je Wohnung.
In anderen Städten liegt die Vorgabe zum Teil bei deutlich unter einem Stellplatz pro Wohnung. Ein weniger „betoniertes“, attraktiveres Stadtbild wird ja sogar im Entwurf explizit angestrebt (Pflanzstreifen, Auflockerungen etc.); aber primär besteht die Verpflichtung zur Schaffung von zahlreichen Stellplätzen und deren Zufahrten.
Für ein Einfamilienhaus mit 3 Pflichtplätzen sind mindestens 40 qm +x „Nicht-Grün“ angesagt, befestigt oder überdacht / überbaut, tendenziell im „Vorgarten“. Je nach den Anforderungen für die Fahrrad-Abstellplätze kann das auch spürbar mehr werden. Bei Zweifamilien- / Mehrfamilienhäusern sieht es noch trister aus.
Sicherlich gibt es Haushalte mit drei und mehr Fahrzeugen. Aus eigener Anschauung dürfte das auch in größeren Wohnungen / Häusern eine klare Minderheit sein, oft auch nur vorübergehend (z.B. Kinder im Alter von 18 Jahren). Mit der Stellplatzpflicht wird das jedoch zum dauerhaften Standard erklärt, absehbarer „Leerstand“ inklusive.
Die Kombination der Einzelregelungen sowie die Vorschriften der Hessischen Bauordnung (HBO), der Topographie in Eppstein und die Berücksichtigung des Gebäudebestandes wird in vielen Fällen die Realisierung einer Baumaßnahme faktisch oder wirtschaftlich vereiteln.
Ein Durchspielen technisch möglicher Lösungen im Vergleich zu den rechtlich zugelassenen Lösungen anhand diverser konkreter Immobilien in Eppstein zeigt auf, dass viele Optionen mit der vorgeschlagenen Stellplatzsatzung glatt ausscheiden.
In der Vergangenheit ist einige Energie in die Aktualisierung vorhandener Bebauungspläne geflossen, Zielrichtung unter anderem Nachverdichtung und Schaffung zusätzlichen Wohnraums, auch kleinerer Einheiten (Aufstockung, Dachgeschoss-Ausbau, Gauben etc.). Damit sollte auch der Ausweis zusätzlicher Flächen für Wohnbebauung vermindert bzw. vermieden werden.
In der Regel sind die Maßnahmen baugenehmigungspflichtig (Faustregel: Änderungen an der Fassade / Silhouette des Gebäudes sowie Nutzungsänderungen wie Einfamilienhaus zu Zwei-Familienhaus). Für eine Genehmigung kommt dann auch die Stellplatzsatzung ins Spiel.
Wie die Vorgaben aus dem Satzungs-Entwurf (mindestens drei Stellplätze, 5 m Abstand von Carport oder Garage zur Straße usw.) eingehalten werden sollen, ohne einen „Totalschaden“ des Vorhabens zu verursachen, erscheint hinreichend unklar.
Es wäre schade, wenn die Gelegenheit zur Modernisierung der Stellplatzsatzung durch einen in verschiedenen Richtungen ambitionierten Entwurf dazu führte, dass über die Zielkonflikte eine Weiterentwicklung in der praktischen Umsetzung zu einem (weitgehenden) Stillstand führt. Durch den absehbaren Unmut der Betroffenen und die Verfehlung der diversen inhaltlichen Ziele dürfte das die Attraktivität der Stadt Eppstein kaum erhöhen.
Florian Cantzler
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