Das Geld für die Pflanzaktion hatte der Verein gesammelt: Während der Kerb und über einen Spendenaufruf. Revierförster Peter Lepke rechnet pro Setzling 4 bis 5 Euro, das beinhaltet Pflanzung und Pflege in den ersten Jahren. Er wählte eine Stelle im Nonnenwald bei Ehlhalten aus, wo die Trockenheit in den vergangenen Jahren und der Schädlingsbefall den Fichtenbestand absterben ließ. „Wenn wir diese Fläche der Natur überlassen, wachsen dort nur Fichten nach“, erläutert Lepke, warum er die etwa 0,4 Hektar große Stelle gezielt aufforsten will und zeigt auf viele kleine Fichten, deren Spitzen aus dem Boden treiben.
Künftig will Lepke dort einen Laubmischwald ziehen. Den Grundstock dafür bildet die Spende der Kerbegesellschaft: 25 junge Elsbeeren werden in zwei Reihen entlang des Waldweges, oberhalb der Brombeerböschung gepflanzt, jedes Pflänzchen mit einem Pflanzgitter gegen Verbiss geschützt.
Darüber pflanzen die Helfer an diesem Vormittag 250 Bergulmen und zum Abschluss auf der höher gelegenen Fläche etwa 100 Douglasien.
Gut 50 Helfer kamen zur Pflanzaktion der Kerbegesellschaft
Douglasien sind seit über 100 Jahren im Nonnenwald heimisch. Die Jungpflanzen wurden aus den Samen gezogen, die vor zwei Jahren von Zapfenpflückern im Nonnenwald geerntet und als Lohnanzucht in Containern für die Pflanzung in Eppstein vorbereitet wurden. „Sie stammen also aus diesem Wald“, sagt Lepke. Die Douglasie wachse als Pionierbaumart auch auf größeren Freiflächen gut an.
Bergulmen gibt es bislang nur vereinzelte Exemplare am Rossert und am Hainkopf bei Eppstein. Wenn es je größere Bestände gab, sind sie den großen Ulmensterben in den 1960er und 1980er Jahren zum Opfer gefallen. Die neuen Pflanzen stammen von Bäumen ab, die gegen den Ulmensplintkäfer, den Hauptschädling der Bergulme, resistent sind. „Diese Bäume sind schon etwas Besonderes in unserem Wald“, sagt Lepke. Die Elsbeere ist eine heimische Baumart, die vor allem an Waldrändern und in lichten Wäldern gedeiht. Ihre Blüten und Früchte sind für Insekten und Vögel wichtige Nahrungsquellen.
In Pflanzteams, manche zu zweit, andere zu viert, bringen die Ehlhaltener die jungen Bäumchen in die Erde, was nicht ganz einfach ist, obwohl die meisten Helfer praktische halbrunde Pflanzspaten zum Ausstechen der passenden Pflanzlöcher nutzen. Fast überall müssen die Helfer Gesteinsbrocken aus den Pflanzlöchern sammeln, „denn Ehlhalten ist steinreich“, witzelt Helfer Frank Kilb. Zusammen mit Familie Ernst, Mutter Bettina, Vater Holger und Sohn Matthias hebt er ein Pflanzloch aus. Dann muss es schnell gehen, denn die zarten Wurzeln der Bergulme dürfen nicht austrocknen, ruckzuck werden sie mit Erde bedeckt, dann rund um das Bäumchen ein kleiner Pflanzrand gedrückt. Eine Plastikröhre mit Luftlöchern wird mit Hammerschlägen ins Erdreich getrieben. Sie schützt den Baum vor gierigen Pflanzenfressern. „Ulme und Elsbeere sind hier selten und deshalb eine Delikatesse fürs Wild“, erklärt Lepke, warum die Schutzmaßnahmen notwendig sind. Sobald die kleinen Stämme stabil genug sind, werden Röhren oder Pflanzgitter beseitigt.
An diesem Vormittag macht sich die Vorarbeit bezahlt. Denn Samstag vor einer Woche haben etwa 15 Kerbeburschen, darunter auch Kerbevadder Patrick Becht und sein Stellvertreter Pascal Holz, die Pflanzreihen auf dem abschüssigen und nach unten zulaufenden Hanggelände abgesteckt. Dabei müssen die Mindestabstände zwischen den Pflanzlöchern eingehalten werden: drei bis vier Meter bei der Elsbeere, die viel Licht braucht, und etwa zwei Meter bei der Bergulme, die in dichterem Verband gesetzt wird. Dabei kommen die Helfer immer wieder aus der Flucht, weil sie einem Baumstumpf oder einem Felsbrocken ausweichen müssen. Lepke kalkuliert von vornherein ein, dass einige Bäume nicht anwurzeln. Bei sämtlichen Neupflanzungen in den vergangenen Jahren gab es Ausfälle. Nicht nur die trockene Witterung, auch Mäuse richten Schäden an. Auf einigen Flächen pflanzt der Förster nach, andere überlässt er der Natur.
Für die Kerbegesellschaft wird ihre Aktion „Adoptionskarte“ für einen Baum somit zur Lotterie: Alle Helfer, die beim Kerbeumzug einen Stand ausgerichtet haben, dürfen sich in den kommenden Wochen einen der gepflanzten Bäume aussuchen und erhalten eine ausgefüllte „Adoptionskarte“ mit den Geo-Koordinaten „ihres“ Baumes. So können sie, wenn die Natur ihrem Baum gewogen bleibt, auf ihren Spaziergängen Jahr für Jahr sein Heranwachsen beobachten.
Schon Ende März hat der Förster den nächsten Pflanztermin im Ehlhaltener Revier. Dann kommt die Klasse G9b der Freiherr-vom-Stein-Schule, die ihre Einnahmen aus der Einschulungsfeier für die Aufforstung im Stadtwald gespendet hat, insgesamt 500 Euro. Die Jugendlichen wollen zumindest einige der von ihnen finanzierten 100 Bäume unter Anleitung vom Revierförster selbst einpflanzen. Lepke will Kiefern, Buchen und Eichen besorgen.bpa
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