Die Szene aus dem berühmten Grimmschen Märchen bildete den Auftakt zu insgesamt drei Führungen am vergangenen Sonntag.
Gemeinsam mit jungen Talenten entführten die Burgschauspieler das Publikum in die zauberhafte Welt der Märchen. Sie erweckten den gestiefelten Kater zum Leben, der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern den Weg an den Darstellern der Eppsteiner Rotte vorbei in die Burg ebnete.
Eingebettet in die Europawochen bot die Burg auch Figuren aus Märchen anderer europäischer Länder eine Bühne. Die Burgschauspieler hatten sich um die Teilnahme an den Europawochen beworben. Die dramaturgisch geschickte Märchen-„Collage“, bei der sich Szene an Szene reihte, zog die insgesamt 130 Kinder und deren Eltern unwiderstehlich in ihren Bann. Ganz nebenbei lernten sie die Burg kennen.
„Zu Hilfe“ schrie der König (Roberto Mesnaric), der im Ostzwinger von drei als Hunde verkleideten, laut bellenden Kindern verfolgt wurde. Janna Bergen hat das italienische Märchen „Das Ungeheuer mit den sieben Köpfen“ in eine kleine Spielszene rund um das glückliche Ende gefasst: Die Hunde hatte ein Jüngling losgelassen, dem die Tochter des Königs (Mathilde Berger) versprochen war als Dank für den Sieg über das Ungeheuer. Doch der König war im Glauben gelassen worden, dass sein Diener diese Heldentat vollbracht hatte.
Aus Schweden stammt das Märchen „Der Schütze Bryte“, der mit seinem Eselchen nach der entführten Prinzessin suchte. Dank besonderer Zauberkräfte des Helden Bryte (Toni Jäckl) verwandelte sie sich aus einer Mücke, die um das Eselchen surrte, zurück zur Prinzessin, das Eselchen wiederum in ein Trollkind, dem Bryte einst das Leben gerettet hatte.
Von Trollen, Ungeheuern und dem fast nackten Kaiser
Im Schlepptau von Regisseurin Juliane Rödl in ihrem feudalen Gewand begegneten die Zuschauer außerdem Rotkäppchen, das alle Warnungen missachtete und vertrauensvoll in den Wald entschwand. Rund um die Führung war stets auch Jordan (Volker Steuernagel) greifbar, eine Figur aus der Ballettkomödie von Molière alias Jean-Baptiste Poquelin. In der Eppsteiner Zeitung meldet er sich regelmäßig mit einer Kolumne zu Wort.
Im Burghof waren Schneeweißchen und Rosenrot mit ihrer Mutter (Linda Kratz) unterwegs, um des Kaisers neue Kleider zu bewundern. Zuvor vertraute die verzweifelte Königin (Katrin Thunig), ganz in Gold gekleidet, dem Publikum ihre Geschichte an. Ein wundersames Männchen wolle ihr das Kind nehmen. Mit Unterstützung von Kindern aus dem Publikum, Jordan und ihres Boten (Knut Vollmuth) gelang es der Königin, den Namen des Männchens herauszufinden und den Bann zu brechen. Das wütende Rumpelstilzchen (Janna Bergen) rannte daraufhin stampfend und schreiend davon.
Zur Schlussszene versammelten sich die 40 Mitwirkenden der Burgschauspieler, darunter auch viele Kinder, auf der Bühne. Nun hatte der Kaiser (Benjamin Peschke) seinen großen Auftritt. Das dänische Märchen über „des Kaisers neue Kleider“ brachte die Zuschauer zum Schmunzeln, denn seine Majestät schritt, von Wachen und Hofstaat begleitet, feierlich, nicht etwa in Gold gewandet, sondern in seiner königlichen Unterwäsche. Die Weber, die ihm das neue Gewand verkauft hatten, behaupteten, nur mit Klugheit gesegnete Menschen könnten sein Kleid sehen.
Daran glaubten der Kaiser und sein Hofstaat, doch vor großem Publikum – ausgesprochen von einem Kind – flog der Schwindel auf. Die Weber (Nicole Löffler, Nicole Decher) machten sich flugs davon. Der Kaiser wiederum verschwand brüskiert in seinen Gemächern.
Im Jahr 2012 fand zum ersten Mal eine sehr erfolgreiche Märchenführung auf der Burg statt. „Eine solche Veranstaltung mit 40 Darstellern ist ein Kraftakt für eine Amateurbühne“, erklärte Juliane Rödl, der jährlich kaum zu leisten sei. Nach den Corona-Jahren war ein Casting jugendlicher Darstellerinnen und Darsteller nötig. Dank der Kontakte von Sonja von Saldern, die sich in Kindergärten und Schulen der Stadt umhörte, sei es gelungen, die Rollen bei der Märchenführung mit zehn jungen Talenten neu zu besetzen. Das Jüngste sei neun Jahre alt.
Im Anschluss an die Märchenführung konnten die Zuschauer sich mit den Märchenfiguren fotografieren lassen und sich im Juchhebau der Burgschauspieler stärken.mi
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