Fotokunst – viel Schwarz-Weiß und dezente Farbigkeit

Sabine Bergold und Detlef Bömelburg (v.re.) eröffnen die Ausstellung.     Foto: Jens Bergold

Eine Vielfalt an technisch perfekten Aufnahmen präsentierten die neun Mitglieder der Fotogruppe des Kulturkreis Eppstein bei ihrer 17. Ausstellung am vergangenen Wochenende. Gleich das erste Bild auf dem Rundgang durch den blauen Saal des Rathauses bot einen überraschenden Anblick: 

Neben einem am Euter saugenden Kälbchen strömt aus einer zweiten Zitze Kaffee direkt in eine Tasse. Diese Montage geht zurück auf Detlef Bömelburg, der sie in feiner Ironie „Lockdown Langweile“ nannte. Man kann sich vorstellen, was die drei Coronajahre für die Fotografen bedeutete: Zumindest die Ruheständler hatten viel Zeit, „verrückte“ Ideen zu finden, Wiesen und Wälder nach dem passenden Motiv zu durchstreifen und viel Zeit, am Computer zu verbringen, um dem Bild mit ausgefeilter Bearbeitung eine Pointe zu verpassen. Einige Exkursionen fanden auch gemeinsam statt, ins Silberbachtal beispielsweise oder auf den Kaisertempel.

So wurde die erste Vernissage nach den Corona bedingten Einschränkungen in feierlicher Stimmung begangen mit einem Glas Sekt oder Orangensaft. Der Zuspruch kann sich sehen lassen, „auch wenn mehr Teilnehmer wünschenswert gewesen wären“, resümierte Bömelburg. „Hervorragende Ausstellung – Gratulation an die ganze Gruppe“, „sehr schöne Aufnahmen“, „bin begeistert“, schrieben Ausstellungsbesucher ins Gästebuch.

Das saugende Kälbchen nebst Kaffeestrahl gehörte zu den Eigenbildern, also Aufnahmen, die jeder einzelne neben den von der Gruppe prämierten Themenbildern zu „Reduktion“, „Glaskunst“ und „Strukturen“ ausgewählt hatte. Arnd Rödiger etwa zeigte seine Eigenbilder aus der Region in scharfem Schwarz-weiß-Kontrast, den Aussichtsturm am Regionalpark Portal Weilbacher Kiesgruben beispielsweise oder den Eisenbaum bei Flörsheim. Aber er kann auch „Bunt“, wie die Porträtfotos von „Alsolia Tono“, einer Starwars-Schöpfung beweisen. Auf seine Initiative hatte am Samstag sein Enkel im Kostüm eines Storm-Troopers einen Auftritt. Der 25-jährige Mario Turrini ließ andere an seiner Leidenschaft für Starwars teilhaben, die wiederum dem „Opa“ tolle Motive liefert.

Winfried Schwolgin brachte seine digital bearbeiteten Aufnahmen aus Eppstein ein, den Kaisertempel und den Bahnhof. Drei Varianten des Ausgangsfotos wurden dabei übereinander gelegt und mit Effekten gedreht oder gespiegelt. „Meine Idee ist es, verschiedene Blickwinkel auf ein Objekt in einem Bild zu kombinieren“, erklärte er. Schwolgin hatte auch die digitale Foto-Show zusammengestellt mit Bildern, die im Ausstellungssaal keinen Platz mehr gefunden haben.

Wolfgang Krischka zeigte frisches Obst und Gemüse im Querschnitt. Eine Zitronenscheibe beispielsweise fotografierte er auf einer beleuchteten Glasplatte „Table-top“ ab. Dabei wird eine Kamera am Stativ von oben auf das Motiv ausgerichtet. Nach dem selben Table-top-Prinzip verfuhr Frank Ickstadt bei seiner Serie vom Osterei aus dem häuslichen Kühlschrank unter dem Titel „Dekonstruktion“: In acht Bildern verwandelte es sich vom unversehrten bunten Ei im Eierbecher auf Entenfüßen zu einer mit Ei belegten Brotscheibe. 

Hartmut Amberger präsentierte unter dem Titel „10 Milliarden in 2050“ sein sozialpolitisch motiviertes 1,50 Meter mal 1 Meter großes Bild. Im Kunsthaus Taunusstein fand er ein Holzfiguren-Ensemble eines chinesischen Künstlers, erzählte er. Er fotografierte die Köpfe von oben ab und setzte dasselbe Bild aus zwölf Teilen neu zusammen, wobei er die Übergänge im Bildbearbeitungsprogramm so stark überarbeitete, dass sie nicht mehr sichtbar waren. „Was geschieht mit uns?“, fragt er, „Wo führt der Kampf um Land und Wasser hin?“ Daneben hängen Bilder, auf denen er seine Experimente mit dem Element Wasser zeigt, auch seine Feuermotive fanden als Eigenbilder in der Ausstellung einen Platz.

Rainer Grett ist bei der Präsentation der Gruppe zur „Reduktion“ ganz vorne: In Schwarz-Weiß windet sich auf einer seiner Aufnahmen ein Holzzaun durch eine Schneelandschaft. „‚Reduktion’ legt den Verzicht auf Farbe nahe“, erläuterte Frank Ickstadt, und beschränke sich auf das Wesentliche.

Der Biologe Michael Lässle zeigte seine Makro-Aufnahmen aus der Tierwelt in Asien, einem großformatigen Leguan beispielsweise und eine Schmetterlingszikade.

Walter Helmling, der – wie seine Bilder verrieten – einige Jahre in Singapur verbrachte, beeindruckte mit analogen Bildern, die er digital bearbeitet hatte. Zu sehen war beispielsweise eine Ballettszene, aufgenommen 1984 „nicht so brutal scharf wie die digitale Fotografie“ mit sichtbarer Körnung, die insbesondere den älteren Semestern noch vertraut ist.

Helmling ist es auch, der fotografisch die „Schätze“ des Stadtarchivs in die Ausstellung mit einbrachte, die darauf warten gehoben zu werden: Stapel aus vergilbtem Papier, abgegriffene Buchrücken. Ausgestellt war außerdem die Farbaufnahme einer Stadtansicht von Eppstein aus dem Jahr 1904 angefertigt von einem Dr. König, einem damaligen Chemiker der Farbwerke Hoechst – Die Eppsteiner Zeitung berichtete über den Besuch der Fotogruppe und das erste Farbfoto von Eppstein im vorigen Jahr. Bömelburg hatte das Original bei seinem Besuch im Archiv abfotografiert. 

„Das Bild sieht aus wie gemalt“, sagte Sabine Ber-gold bewundernd. Die Erste Stadträtin war zur Vernissage gekommen, um das ehrenamtliche Engagement der seit 38 Jahren bestehenden Fotogruppe zu würdigen. Sie habe in der Vergangenheit stets geholfen, sei es mit der Digitalisierung von analogem Material oder Bildern für Flyer und Broschüren.    mi

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