Es gab eine alte Zisterne und eine einfache Wegeführung, die der Obst- und Gartenbauverein angelegt hatte, und einen Container für die Gartengeräte. An duftende Kräuterbeete war noch nicht zu denken.
Inzwischen grünen und blühen die Kräuterstauden üppig – angesichts der vielen Regentage fast zu üppig –, auf der benachbarten Streuobstwiese des OGV grasen Schafe. Dennoch hat Ursula Kunze Ende des vorigen Jahres den Vorsitz der Gartengruppe abgegeben. Ihre Nachfolgerin ist Jessica Dörr, die zweite Vorsitzende des OGV, die gemeinsam mit acht weiteren engagierten Frauen den Garten instandhält.
Ein regelrechtes Insektenparadies ist in den vergangenen Jahren an dem sonnigen Hang entstanden. Beerensträucher und Blumenwiesen, Heilkräuter und mediterrane Kräuter, allerlei Nutzpflanzen und auch heimische Wildblumen gibt es im Sommer zu entdecken. Süße Trauben ranken sich um einen Bogen.
Voriges Jahr hat die Gruppe die alte, in den Boden eingelassene Zisterne ausgepumpt und gereinigt. „Eine tolle Einrichtung, die vermutlich noch in der Vorkriegszeit oder kurz nach dem Krieg angelegt wurde“, vermutet Kunze. Noch in den 1950er und 1960er Jahren waren Erdbeerfelder und Obstwiesen eine Lebensgrundlage der Niederjosbacher Obstbauern.
Kunze prägte durch immer neue Ideen das Bild des Kräutergartens. Die Biologin regte das Herstellen eigener Tees und Gewürzsalze an, stellte mit den Frauen Seifen und Kräuteröle her. Im eigens dafür angefertigten Trockenschrank ließen sich die Kräuter schonend trocknen. Die selbst hergestellten Produkte verkauften sich immer gut bei Veranstaltungen oder auf Märkten.
Die Gartengruppe bot Führungen und Verkostungen an und nahm selbst an Events und Ausflügen teil. Im vorigen Jahr bot der Kräutergarten zum Tag der offenen Gärten die perfekte Kulisse für ausgestellte Kunstwerke und veranstaltete einen Pflanzentauschmarkt im Frühling.
Doch nach 13 Jahren voller Engagement, sogar noch zu Pandemiezeiten, will Ursula Kunze kürzer treten. Zumindest die Führung des Kräutergartens hat sie abgegeben. Nachfolgerin Jessica Dörr betont: „Es kann keiner allein Ursula ersetzen und das leisten, was dort alles veranstaltet wurde. Der Zeitaufwand ist einfach enorm. Aber wir sind eine super Truppe da oben und was wir nicht wissen, probieren wir einfach aus.“
Als gelernte Gärtnerin macht Jessica Dörr sich Gedanken über die Zukunft: „Wir müssen uns zunehmend um den Wasserhaushalt Gedanken machen und unempfindlichere Pflanzen setzen.“ Aber der Kräutergarten biete mit seinem feinkrümeligen Boden und der guten Lage großes Potenzial.
Noch unter der Leitung von Ursula Kunze hat sich ein fester Kern aus sieben AG-Mitgliedern gebildet, die regelmäßig zu den wöchentlichen Treffen kommen: aktuell mittwochs ab 17.30 Uhr. „Aber gerade im Sommer ist ein Treffen pro Woche zu wenig“, sagt Dörr. In der Hauptgartenzeit ist die neue Hauptverantwortliche Jessica Dörr durch ihren Beruf stark eingespannt. Sie möchte deshalb die Verantwortung teilen und den Kräutergarten „noch mehr zu einem Gemeinschaftsprojekt machen“, sagt sie. Deshalb sucht die Gruppe weitere Frauen, gern auch Männer, die neue Ideen und Zeit mitbringen, und während der Wachstumsphase auch eigenverantwortlich gießen, jäten oder ernten. „Früher haben wir uns oft mehrmals pro Woche im Garten getroffen“, erinnert sich Kunze und zur Herstellung der Kräuterprodukte war Zeit, wenn es im Garten weniger zu tun gab. „Auch das müsste jemand federführend organisieren“, sagt Dörr.
Das notwendige Knowhow gibt es in der Gruppe bereits. Biologin Ursula Kunze ist nach wie vor Mitglied, etliche der Mitglieder haben bereits Erfahrung im Trocknen der Kräuter und dem Herstellen von Kräuterprodukten. Claudia Schmidt zum Beispiel hat eine einjährige Schulung in Kräuterkunde absolviert und würde ihre Kenntnisse gern an die Gruppe weitergeben. Beim jüngsten Treffen hatte die Niederjosbacherin für alle Garten-Mitstreiterinnen eine Probe des ersten Johanniskrautöls aus der neuen Ernte dabei: „Ein hervorragendes Mittel zum Einreiben bei Muskelverspannungen und oberflächlichen Verletzungen“, lobten die Frauen sofort unisono und schnell war ein Gespräch im Gange über die Wirkstoffe der verschiedenen Heilpflanzen wie Nachtkerze, Natternkopf, Gartenwolfsmilch oder die Wilde Karde.
Ihr erstes Jahr als Verantwortliche der Kräutergartengruppe nutzt Jessica Dörr für eine Bestandserhebung der Pflanzen im Kräutergarten und ihre Verwendung. Außerdem wurden einige Beeteinfassungen erneuert. Im Herbst will die Gruppe Gräser und Wildwuchs eindämmen.
Sogar auf der Burg gab es dieses Jahr Produkte aus dem Kräutergarten: Schnittlauch und italienische Kräuter verwendete Jessica Dörr im Kräuterdipp, den der OGV bei den Burgfestspielen am Versorgungsstand im Ostzwinger verkaufte. Auch die Cocktails wurden mit Minze, Melisse, Eberraute, Colakraut und Johannisbeeren aus dem Kräutergarten angerichtet. Interessenten wenden sich an die zweite Vorsitzende per E-Mail: ogv-niederjosbach[at]gmx.de[dot]EZ
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