Vier-Tage-Woche im Betrieb – Mehr Freizeit für alle

Rüdiger Lang (mitte) mit Sohn Jean-Luc Reidelbach und Partnerin Sandra Wolter.Foto: Beate Schuchard-Palmert

Die Arbeit im Handwerk gilt für viele Berufseinsteiger als unattraktiv, unter anderem wegen der langen Arbeitstage, wenig flexibler Arbeitszeit und der weiten Anfahrten zu Baustellen oder Kunden.

Der Bremthaler Sanitär- und Heizungsbauer Rüdiger Lang hat deshalb, wie ein großes Plakat an seiner Einfahrt in der Wiesbadener Straße verrät, ein Experiment gewagt und vor gut einem Jahr den gesamten Betrieb komplett auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt – bei einer wöchentlichen Arbeistzeit von 38-Stunden. „Das klappt hervorragend!“, lautet sein Fazit nach gut 14 Monaten.

Für die elf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, bedeute die Umstellung der Wochenarbeitszeit auf vier Arbeitstage von Montag bis Donnerstag, dass sie danach drei aufeinanderfolgende Tage frei haben, also mehr Zeit für Freizeit, Familie, Freunde und persönliche Interessen. „Sie kommen nach einem langen Wochenende ausgeruhter und zufriedener zur Arbeit“, bestätigt Langs Sohn und designierter Nachfolger Jean-Luc Reidelbach.

Der 28-jährige hat ebenfalls eine Ausbildung im Sanitärhandwerk absolviert – „aber nicht bei mir, darauf habe ich Wert gelegt“, sagt Rüdiger Lang. Nun sei er froh, dass sein Sohn nach der Meisterprüfung 2018 bei ihm einsteigen wollte. „Sein förmliches Bewerbungsschreiben überreichte er mir an meinem Geburtstag, das war mein schönstes Geschenk“, erinnert sich Lang noch genau.

Als dritte Säule des Unternehmens bezeichnen die beiden Langs Lebensgefährtin Sandra Wolter, die im Büro Kundenanfragen entgegennimmt und für die Buchhaltung zuständig ist.

Dank der Energiewende sei der Betrieb gut ausgelastet und sucht weitere Mitarbeiter und Auszubildende. Ein Schwerpunkt liege aktuell bei Planung und der Einbau von Wärmepumpen, aber auch Solarthermie, Klimaanlagen, klassischer Heizungsbau und Installationen gehören zum Geschäft. „Es gibt ständig Neuerungen“, sagen Vater und Sohn, sowohl technische als auch gesetzliche, für die sie sich weiterbilden müssten. So steige derzeit die Frage nach Brennstoffzellenheizungen.

Die Vier-Tage-Woche habe er schon vor gut zehn Jahren ausprobiert, erinnert sich der 57-Jährige Installateur- und Heizungsbaumeister. Damals vor allem wegen der Mitarbeiter aus den neuen Bundesländern, die übers Wochenende heimfahren wollten.

„Diesmal haben wir die neuen Arbeitszeiten nach einem langen internen Prozess umgesetzt und dabei die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt“, sagt Lang. Teilzeitarbeit gebe es derzeit nur im Büro. Vier lange Arbeitstage seien anstrengend, so die beiden Chefs, dafür haben danach alle drei Tage Zeit, um sich zu erholen. „Es sei denn bei Notfällen“, fügt Lang hinzu, „dann kommen wir natürlich auch an Wochenenden.“

Die Vier-Tage-Woche lohne sich schon allein wegen der häufigen langen Anfahrten zu einer Baustelle. „Die Zeit für die Anfahrt bleibt gleich, wir arbeiten aber länger auf der Baustelle und sind damit effektiver“, argumentiert Lang. Denn häufig endete der Arbeitstag am Freitag früher als während der Woche, die Fahrten zur und von der Baustelle schlugen jedoch genauso zu Buche wie an den vollen Arbeitstagen.

Auch für die Kunden sei das von Vorteil: „Wenn wir während der Woche noch nach 17 Uhr kommen können, bedeutet das für viele, dass sie sich keinen Urlaub für den Handwerker nehmen müssen“.

Lang sieht sich mit seinem Arbeitszeitmodell als Vorreiter in seiner Branche und hofft, dass auch andere Unternehmen ähnliche Maßnahmen umsetzen, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern. bpa

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