Für 350 Enten hieß es: Bei Niedrigwasser über Stock und Stein

Die Jury beim 12. Entenrennen
            Foto: Frauke Frerichs-Gundt

Die Jury beim 12. Entenrennen

Foto: Frauke Frerichs-Gundt

EZ-Reporterin Frauke Frerichs-Gundt berichtet aus der Sicht der EZ-Ente, die für die Eppsteiner Zeitung an den Start ging:

Hier bin ich wieder, eure EZ Ente, die Renn-Ente der Eppsteiner Zeitung.

Diesmal mit einem persönlichen Rennbericht vom zwölften Entenrennen des Lions Club am vorigen Sonntag. Über 30 Grad war es warm, die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel und der Goldbach führte extrem wenig Wasser. Trotzdem wagten sich zusammen mit mir weitere rund 350 mutige Schwimmer in den Startkorb.

Das Entenrennen des Lions Club ist ein Plastik-Entchen-Duathlon mit Schönheitswettbewerb und anschließendem knallharten Wildwasserschwimmen. Im ersten Teil sind wir Enten auf die witzigen Ideen unserer Besitzer angewiesen. Teamwork und Strategie sind für beide Wettbewerbe entscheidend. Wer Schönheitskönigin werden möchte, der braucht Farbe, Glitzer und Accessoires. Nicht zu viel, sonst behindert es beim Schwimmen. Die Kriterien der Jury sind streng geheim. Sie werden in mündlicher Überlieferung jedes Jahr an die neuen Jurymitglieder überliefert, wie Jury-Mitglied Alexander Simon glaubhaft versicherte.

Die Jury bestand dieses Jahr aus Julia Sonnhalter, Bürgermeister Alexander Simon und Sonja Höfer. Es gab auf dem Laufsteg viele schön gestaltete Enten. Die drei Juroren diskutieren lange, bis das Ergebnis feststand. Unter dem Motto „Urlaub und Reisen“ einigte sich das Gremium auf die drei Sieger. Auf dem dritten Platz landete die Astronauten-Ente „Nils Armstrong“ mit NASA- Aufklebern von Mathilde Kaul. „Warum nicht mal im All einen Urlaub machen, das ist eine schöne Idee“, begründete die Jury ihre Entscheidung. Die zweitplatzierte Ente verbrachte ganz traditionell ihre Ferien am Meer. Die „Borkum-Ente“ von Lovena Geib hatte zu ihrem blauen Badeanzug einen Muschel-Hut aufgesetzt und auf ihrer Haut klebte noch der Sand vom Strand. Natalie aus Idstein hatte die erstplatzierte Ente gestaltet. Mit breiter Brust trug ihre Ente ein Schild vor sich her, auf dem stand: „ich will hierbleiben“. Darüber freute sich Alexander Simon besonders: „Eppstein ist so schön, wir verstehen völlig, warum jemand hierbleiben möchte im Urlaub“, lobte er den kreativen Einfall.

Jede von uns Enten hatte ihre eigene Taktik. Ich probierte dieses Jahr meinen knallroten Rennanzug aus, legte passendes Augen-Make-Up und pinkfarbenen Lippenstift auf. Ich wollte schnell sein. Viele von uns hatten ihre Rennkleidung den Streckenbedingungen angepasst und trugen enge, bunte Anzüge, die sich wie eine zweite Haut an ihre Kontur anschmiegten. Manche sprangen sogar nur mit ihrer Startnummer bekleidet, ganz in Gelb, ins recht warme Nass.

Nach dem ersten Wettbewerb mit Siegerehrung geleitete die Vockenhäuser Jugendfeuerwehr uns an den Start. Zunächst wurden wir von der Brücke nach unten gelassen. Während des Count-Down drängelten wir uns auf eine möglichst gute Startposition für den anschließenden Massenstart. Schon nach wenigen Minuten hatten die ersten den Tunnel durchquert, begleitet von der Feuerwehr. Nun stellte es sich heraus, dass die schwarz gekleideten Enten sich gut verstecken konnten und Gefahr liefen, ohne die Hilfe der Feuerwehr auskommen zu müssen. Was war wohl ihre Absicht? Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, denn ich hörte das Publikum die ersten Enten begrüßen, während ich noch im trüben Kanal dümpelte. Die erste Ente hatte schnell einen Meter Vorsprung gewonnen, wurde dann aber doch eingeholt von zwei weiteren, die eine bessere Linie durch das Wildwasser genommen hatten. Es war ein kontinuierliches Kopf-an-Kopf Rennen bis sich etwa nach der Hälfte der Strecke das Feld auseinander zog.

„Die Strecke ist in einem guten Zustand“ hatte Stadionsprecher Peter Wedde noch zuvor versprochen. Ja Pustekuchen. Überall schauten die Felsbrocken heraus, staute sich Grasschnitt an herausragenden Metallteilen. Mit Präzision hatte ich eine optimale Linie gefunden und schwamm zügig um den Krempel herum. Die meisten von uns hatten sich schnittig auf die Seite gelegt und zeigten der Kamera ihre Unterseite mit Startnummer. Doch eine kleine Ente verhedderte sich im Gebüsch, ihre angeklebten Federn hatten Wasser gezogen. Für sie wäre eine aufrechte Haltung besser gewesen.

Die Glitzerente lieferte sich ein Duell mit der Spiderman-Ente, beide verloren ihr Ziel aus dem Fokus und strebten das Ufer an. Die Feuerwehr schubste und schob nach Kräften Enten mit scheinbar neuen Plänen zurück ins fließende Wasser. Es wurde im Unterholz gekuschelt, kleine Rudel bildeten sich und gemeinsam vergnügten sie sich im Kehrwasser der vielen Steine. Libellen zogen vorbei, Schmetterlinge flogen Kreise um bunte Blumen.

Kurz hinter dem Start wuchsen an der Mauer kleine Büsche, Winden streckten ihre trompetenartigen, weißen Blüten uns zum Gruß hin. Zu schnell verwandelte sich diese Idylle in karge Steppe. In dem gemächlichen Streckenabschnitt bei den Häusern waren die Wiesen gemäht und lagen ockergelb vertrocknet da. Statt Blumen versteckten sich ungezählte, teils vom Fadenmäher geschredderte Hundehaufen auf der gemähten Fläche und verbreiteten ihr typisches Odeur. „Schaut nach den Sch..-Hundehaufen“ rief ein Vater seinen Kindern zu, doch die Warnung kam für einige Besucher zu spät.

Trotzdem drängelten sich unsere kleinen Besitzer an dem Ufer und feuerten uns an: „Komm schon, nicht steckenbleiben!“ Querliegende Äste standen der Ente mit Schleife im Weg. Mit einem beherzten Wurf über das Hindernis löste die Feuerwehr das Problem. Meist reichte der normale Rettungsschubs mit den Siebchen am Stiel.

Wegen des niedrigen Wasserstandes schoben, schubsten und warfen die rund 19 Jugendlichen der Jugendfeuerwehr sowie ihre fünf Betreuer uns häufiger als die Jahre zuvor. Dafür schwappte das Wasser nur selten in ihre Gummistiefel. Kurz vor dem Ziel wurde das Wasser tiefer. Doch es reichte den Betreuern nur bis an die Knie statt wie sonst bis an die Hüfte. Kurz danach wurden wir herausgefischt.

Andreas Brandl holte für seinen fünfjährigen Sohn Lion die Sternen-Ente mit Glitzersteinchen aus dem Wartebereich ab. Lion hatte seine Ente zusammen mit seiner Mama selbst verziert. „Seit vor zwei Jahren Tante Tanja unserem Lio eine Ente an den Start gebracht hat, ist das Entenrennen für uns ein fester Termin im Kalender“, verriet Jenny Brandl-Neumann.

Ich landete am Ende im Mittelfeld, vielleicht war meine Startnummer 100 ein Vorzeichen gewesen. Jedenfalls hatte es für meine persönliche Bestleistung dieses Jahr wegen der harten Wetterbedingungen nicht gereicht. Die Lions hatten bereits am Start Getränke zu familienfreundlichen Preisen angeboten, damit niemand in der Hitze Durst leiden musste. Die Preise seien in den vergangenen Jahren stabil gehalten worden, verriet Uta Günther an der Kasse. Am Ziel lockte der Duft von Bratwürstchen alle Rennteilnehmer an die mit Rosensträußchen geschmückten Tische.

Schnell wurden noch die zehn schnellsten und die langsamste Ente prämiert. Ihre Besitzer freuten sich über attraktive Sachpreise. Ein letzter Griff in die große Überraschungstüte für alle Kinder beendete den offiziellen Teil. ffg

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