Handwerk sucht Jugendliche, die geduldig und zielstrebig sind

Markus Schmidt (2.v.re.) erklärt Martin Schuchardt, Michael Cyriax, Susanne Haus und Alexander Simon, welche Materialien in der Schreinerei verwendet werden.Foto: Beate Schuchard-Palmert

Handwerk ist allgegenwärtig und prägt den Alltag – vom Bauhandwerk über Lebensmittelbetriebe bis hin zu Zulieferern, deren Produkte sich in unzähligen Alltagsgegenständen finden.

Auf die Vielfalt der Handwerksberufe und Betriebe – und auf ihre Nöte – machen die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main und die Kreishandwerkerschaft mit ihren Betriebsbesichtigungen in der Region aufmerksam.

Ihre jüngste Besichtigungstour durch den Main-Taunus-Kreis am vergangenen Dienstag starteten sie in der Bremthaler Schreinerei für Möbel- und Innenausbau im Valterweg. Schreinermeister Markus Schmidt und Seniorchef Berthold Schmidt nutzten den Besuch von Handwerkskammer und Politik, um auf problematische gesellschaftliche Entwicklungen hinzuweisen: Jugendliche, denen Schule und Elternhaus nicht mehr den fürs Berufsleben notwendigen Durchhaltewillen vermitteln, immer kompliziertere Ausschreibungsverfahren und Verwaltungswege.

Von Corona und dem Wegbrechen von rund 50 Prozent der Jahreseinnahmen des auf hochwertigen Messebau spezialisierten Unternehmens während der Pandemie will der Firmeninhaber gar nicht mehr sprechen, beantwortet dann aber doch geduldig die Fragen, wie er die wirtschaftlich schwierigen Zeiten meistert. Messeaufträge wurden durch andere Aufträge kompensiert. Mitarbeiter, die in Ruhestand gingen, wurden nicht durch neue Mitarbeiter ersetzt, so arbeiten jetzt vier Gesellen, zeitweise einer der Ruheständler und vier Auszubildende in der Werkstatt, vor Corona waren es mindestens drei Gesellen mehr.

Auch etliche andere Themen, die die Handwerker beschäftigen, wurden angerissen, etwa, ob die Einführung der Vier-Tage-Woche eine Lösung wäre bei dem Wunsch nach mehr Freizeit auf der einen und betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit auf der anderen Seite. Einig war sich die Gruppe, dass sie nicht in jedem Betrieb umsetzbar sei.

Viel wichtiger als die wirtschaftliche Situation ist dem Bremthaler Schreinermeister die Ausbildungssituation. Es werde immer schwieriger Auszubildende zu finden. Deshalb habe er seine aktuelle Auszubildende im ersten Lehrjahr der Handwerkskammer als Ausbildungsbotschafterin vorgeschlagen. Diese Berufsanfänger kommen zu Berufsberatungsterminen oder Ausbildungsmessen, um andere jungen Menschen für ihren Beruf zu begeistern.

Zu viele, die sich zunächst für ein Handwerk interessieren, brechen die Ausbildung ab, weil sie nicht genügend Ausdauer mitbringen. Denn im Handwerk müssen auch heute noch elementare Handgriffe und Vorgänge immer wieder geübt werden, um sie zu verinnerlichen. Deshalb wünscht sich Schmidt mehr Zielstrebigkeit von den Jugendlichen, und von den Schulen, dass sie mehr Grundlagen üben und die Lernfähigkeit der Kinder trainieren. Berufsorientierung müsse nicht nur punktuell thematisiert werden, sondern schon früh ein Lebensthema für junge Menschen werden.

Die große Delegation mit Handwerkskammerpräsidentin Susanne Haus, Kreishandwerksmeister Martin Schuchardt, Landrat Michael Cyriax, Bürgermeister Alexander Simon, Sibylle Yaakov von der Stadtentwicklungsgesellschaft und Ortsvorsteher Guido Ernst, ließ sich von Vater und Sohn Schmidt durch den Betrieb führen. Ernst kam übrigens auch als Nachbar und Handwerkskollege. Der Betrieb des Werkzeugmeisters liegt ebenfalls im Valterweg. Beide bestätigen, dass es heute zwischen den Handwerksbetrieben längst eine große Solidarität gebe: „Man hilft sich gegenseitig aus und gönnt dem anderen, wenn er einen guten Auftrag bekommt“, sagte Schmidt.

Die Besucher waren begeistert, schon allein wegen der schieren Größe des Betriebs und angesichts der klaren Struktur sämtlicher Abläufe. 1992 verlegte der heute über 90-jährgie Berthold Schmidt den 1961 im alten Ortskern gegründeten Betrieb in den Valterweg und ließ vor allem Platz für die bis zu zehn Meter langen Maschinen. Auf knapp 1000 Quadratmeter Grundfläche sind auf zwei Ebenen Werkstatt, Maschinenraum, Lager und Lackierraum untergebracht. bpa

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