Ralf Wolter will historischen Gebäuden eine Zukunft geben

Der Schützenhof in Schloßborn im Jahr 1958. Repro: Living Monuments

Wenn Ralf Wolter auf seine Zeit als Eppsteiner Bürgermeister zurückblickt, dann sind es Burg und der Bahnhofsumbau, die ihm besonders im Gedächtnis geblieben sind – und die bis heute nachwirken.

Nach dem Ausscheiden als Kurdirektor in Bad Homburg gründete er vor einigen Jahren das Büro Living Monuments und machte sich als Berater für historische Immobilien selbstständig. Sein Thema seitdem: Leerstand in historischen Immobilien verhindern und bei der Konzeptionierung die Menschen mitnehmen. Denn Wolter weiß: „Nur einen Bruchteil davon nehmen die Menschen überhaupt wahr.“ Überall in Deutschland verfallen bedeutsame historische Gebäude und gehen unwiederbringlich verloren. Besonders gravierend wird das Thema, wenn Gebäude in alten Ortskernen leerstehen. Das strahlt auf den gesamten Ort aus.

Wolter ist aber auch davon überzeugt, dass jedes Sanierungsprojekt Aufbruchstimmung erzeugt und die Menschen mitnimmt. „Bei diesem Thema geht es nur vordergründig um ein Gebäude“, führt Wolter aus. Das eigentliche Thema sei historischer Städtebau und ein ganzheitlicher Ansatz. Man müsse jeweils fragen, „was einen Ort eigentlich ausmacht und wie man ihn formt“.

Auch der 2019 gegründeten Neufvilleturm-Stiftung steht Wolter beratend zur Seite. Die Stiftung soll sich um Erhalt und Wiederbelebung des Eppsteiner Schmuckstücks am Rand des Bergparks Villa Anna kümmern. Angesichts von Corona-Pandemie und Wirtschaftskrise in den vergangenen Jahren rückte das Ziel, eine neue Nutzung für den Turm und das dazugehörige Areal zu entwickeln, in den Hintergrund. Lediglich der Erhalt des Gebäudes wurde gesichert und undichte Stellen am Fuß der Mauern abgedichtet. Neufville-Turm und Bergpark können aus Wolters Sicht nur als Gesamterlebnis entwickelt werden. Für ein solches Projekt sei ein langer Atem notwendig.

Sein neuestes Projekt liegt im benachbarten Schloßborn, dem größten und ältesten der drei Glashüttener Ortsteile. Dort will die Familie Mohr das alteingesessene Gasthaus „Schützenhof“ verkaufen. Ralf Wolter hilft bei der Suche nach einem Investor, der das um 1700 errichtete Fachwerkhaus und das um 1900 entstandene, seit Jahrzehnten ungenutzte Saalgebäude übernimmt. „Hier können zwei Kulturdenkmäler auf einmal gerettet werden“, sagt Wolter und räumt mit Blick auf den Denkmalschutz ein: „Das ist Krux und Chance zugleich“. Vorgespräche mit den zuständigen Behörden habe er bereits geführt. Die Vernetzung mit Verwaltung und Politik ist aus seiner Sicht existenziell, um historische Denkmäler zu retten.

Wolter hat schon Ideen, wie das Areal als Ganzes erhalten werden könnte: Für große Hochzeiten bis zu 70 Personen gibt es in der gesamten Region nur wenige Lokale, die Gastronomie und Eventlocation unter einem Dach anbieten. Im Saal und auf der künftigen Dachterrasse wäre ausreichend Platz. Auch für Kulturveranstaltungen könne der Saal, unabhängig vom Restaurant, genutzt werden. Außenfläche gibt es im Biergarten und auf einer aktuell nicht genutzten Terrasse. „Ein weiteres Plus ist der hauseigene Parkplatz“, sagt Wolter.

Das Lokal mit gehobener Gastronomie hat weithin einen guten Ruf und ist seit mindestens 300 Jahren Gastwirtschaft. Zudem ist es das älteste Haus in Schloßborn. Zusammen mit der gegenüberliegenden Kirche bilden die beiden Gebäude den historischen Schloßborner Ortskern und waren über Jahrhunderte das Zentrum des Dorflebens. Aus Wolters Sicht gilt es, nicht nur das Fachwerkhaus mit dem anschließenden Saalgebäude zu erhalten, sondern es auch weiterhin gastronomisch zu nutzen: „Beides gehört zur Identität des Ortes.“ Ein Entkernen des Gebäudes und das Errichten von Wohnungen hinter historischer Fassade nähme dem Gebäude seine Seele, so Wolter – aus seiner Sicht ein unwiederbringlicher Verlust für das Dorf und für die Region.

Schloßborn sei eine Gemeinde mit einem großen historischen Archiv und einem aktiven Heimatverein. Ältere Vereinsmitglieder erinnern sich noch an Kino-Aufführungen im Saal oder Fastnachts- und Kerbe-Veranstaltungen.

Deshalb ist Wolter überzeugt, dass es gelingen werde, die Menschen mitzunehmen, wenn sich ein Investor findet, der das historische Gebäude retten will. bpa

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